Neues im Arbeitsrecht

Erfahren Sie, welche neuen OGH-Entscheidungen und Gesetze Sie im Arbeitsrecht 2022 berücksichtigen müssen.

Massenkündigungen

Wenn Kündigungen ausgesprochen werden und dabei das Frühwarnsystem des § 45a AMFG trotz Überschreiten der Grenzwerte nicht eingehalten wird, sind sie unwirksam. Lässt sich das sanieren, indem dieselben Kündigungen noch einmal, aber zeitlich gestreut, ausgesprochen werden? Die zeitliche Streuung von Kündigungen ist zwar eine Möglichkeit, das Frühwarnsystem legal zu vermeiden. Laut OGH (9 Oba 33/21z) reicht es aber nicht, Kündigungen zeitlich zu streuen, wenn sie immer noch Ausdruck der ursprünglichen einheitlichen Auflösungsabsicht sind – Sanierung gescheitert.

Ausbildung im Urlaub

In zwei Entscheidungen (9 Oba 69/20t, 9 Oba 88/20m) befasste sich der OGH mit der Frage, ob sich die Arbeitsvertragsparteien zulässigerweise darauf einigen können, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer während eines Teils seiner Ausbildung Entgeltfortzahlung leistet und dafür der Arbeitnehmer für den Rest der Ausbildungszeit Urlaub konsumiert. Im einen Fall verneinte er dies mit dem Argument, dass Urlaub völlig nach Belieben zu verbringen ist, was nicht der Fall ist, wenn ein gewisser Ausbildungserfolg geschuldet wird. Der Urlaubsabzug für die Ausbildungszeit war daher falsch. Im anderen Fall wiederholte der Oberste Gerichtshof zwar, dass Urlaub einen Freiraum zur Selbstbestimmung geben muss, relativierte aber: Urlaub muss nicht primär erholsam sein. (Hier ging es um einen für eine jahrzehntelang zurückliegende Ausbildung konsumierten Urlaub, weshalb dieser Urlaub ohnehin bereits verjährt war.) Dennoch ist für zukünftige Ausbildungsvereinbarungen, die ein „Beisteuern“ von Urlaub durch den Arbeitnehmer beinhalten, Zurückhaltung geboten.

Rufbereitschaft als Arbeitszeit

In zwei Entscheidungen (C-344/19, C-580/19) befasste sich der EuGH mit der Frage, wann Rufbereitschaft als vollwertige Arbeitszeit zu qualifizieren und bezahlen ist. Aus diesen Entscheidungen geht klar hervor: Für den EuGH und damit auch die Mitgliedstaaten gibt es entweder nur Arbeitszeit oder Ruhezeit. Bereitschaftszeit ist einer dieser Kategorien zuzuordnen. Rufbereitschaft ist als Arbeitszeit zu werten, wenn dem Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft Einschränkungen auferlegt werden, die geeignet sind, seine Freizeit objektiv gesehen ganz erheblich zu beeinträchtigen. Im Zentrum der Beurteilung steht, wie rasch der Arbeitnehmer im Einsatzfall zur Stelle sein muss und wie häufig die Einsätze während der Bereitschaftszeit sind. Nach dieser Judikatur ist davon auszugehen, dass Rufbereitschaften Arbeitszeit sind und daher voll bezahlt werden müssen, wenn während der Rufbereitschaft häufig Einsätze passieren und der Mitarbeiter sehr schnell am Einsatzort sein muss. Vorhandene Rufbereitschaftssysteme sind dahingehend zu prüfen, um Entgeltnachzahlungen und die Überschreitung von Höchstarbeitszeitgrenzen zu verhindern.

Novellierung der Verwaltungsstrafen nach LSD-BG

Infolge der EuGH-Rechtsprechung musste das System der Verwaltungsstrafen im LSD-BG überarbeitet werden. Nunmehr gibt es Strafrahmen ohne Untergrenze, und das Kumulationsprinzip (Strafe pro Arbeitnehmer) entfällt. Grundsätzlich beträgt die Verwaltungsstrafe für Unterentlohnung zwischen € 0 und € 50.000. Die Höchststrafe beträgt dann, wenn die Summe des vorenthaltenen Entgelts höher als € 50.000 ist, € 100.000 bzw. wenn die Summe des vorenthaltenen Entgelts höher als € 100.000 ist, € 250.000. Für extreme Fälle, wenn in Lohnzahlungszeiträumen der Unterentlohnung vorsätzlich durchschnittlich mehr als 40% des Entgelts vorenthalten und die Summe des vorenthaltenen Entgelts höher als € 100.000 ist, kann die Strafe sogar bis € 400.000 betragen. Für Kleinstunternehmen mit bis zu 9 Arbeitnehmern gibt es im Erstbegehungsfall und bei einer Summe des vorenthaltenen Entgelts unter € 20.000 einen auf maximal € 20.000 beschränkten Strafrahmen.

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