4 Praxistipps

Gut ausgebildete und motivierte Arbeitskräfte entscheiden über den Unternehmenserfolg, daher muss HR vorausschauend agieren. Das ermöglicht People Analytics und wir zeigen, wie Sie datengesteuert arbeiten, worauf Sie achten müssen und wie Sie die Personalarbeit auf eine strategische Stufe heben können.

Unterschied HR-Controlling und People Analytics

In den Personalabteilungen ist HR-Controlling langgelebte Praxis. Mit Kennzahlen, die den Ist-Zustand über Jahre hinweg erfassen, kann man Entwicklungen von der Vergangenheit bis heute abbilden, z.B. Daten über die Mitarbeiterstruktur wie Alter, Geschlecht, Ausbildungsniveau. Doch Reports aus solchen Kennzahlen sind wenig geeignet, den Blick in die Zukunft zu richten und daher denken immer mehr Personalisten über People Analytics nach: Dabei werden die Daten aus dem Controlling und auch aus anderen Quellen verknüpft, um bessere strategische Entscheidungen treffen zu können. Obiges Beispiel fortsetzend kann dann etwa folgende Frage beantwortet werden: Mit welchen Maßnahmen können wir künftig eine ausgeglichene Mitarbeiterstruktur erreichen?

Vorteile: Trends erkennen, strategisch handeln

Mit People Analytics können Muster erkannt, sowie Ursachen und Wirkung analysiert werden. Basierend auf Daten aus unterschiedlichen Quellen kann Human Resources Trends voraussagen, Chancen nützen, genauso wie Probleme frühzeitig erkennen und mit geeigneten Maßnahmen gegensteuern. Auf diese Weise unterstützt die Personalabteilung die strategischen Unternehmensziele und das wertet die HR-Arbeit auf.

Mögliche Einsatzbereiche bzw. Ziele für People Analytics

• Mitarbeiterzufriedenheit steigern: Wann kündigen Arbeitskräfte und wie kann das verhindert werden? Wo ist die Arbeitszufriedenheit besonders hoch oder niedrig und welche Maßnahmen sind dafür entscheidend? Wie wird die interne Kommunikation bewertet?
• Personalstruktur strategisch planen: Wie können wir den Frauenanteil in Abteilung X oder im Management steigern? Welche Struktur benötigen wir, um mit dem neuen Produkt den Umsatz um fünf Prozent zu steigern? Wo drohen Personalengpässe?
• Recruiting verbessern: Über welche Kanäle können wir die gesuchte Bewerbergruppe besser ansprechen? Welche Eigenschaften, Skills passen am besten zu unserer Firma? Welche Prozesse sollten wir standardisieren um mehr Zeit für Bewerbungsgespräche zu haben?
• Produktivität und Mitarbeiterentwicklung steuern: Welche individuellen Leistungsbewertungen wirken, welche nicht? Wie können wir Weiterbildungseffekte sichtbar machen und maßgeschneiderte Trainings entwickeln? Wer ist besonders engagiert?

Praxistipp 1: Daten aufbereiten

Mit der Digitalisierung von Prozessen sowie der zunehmenden Nutzung von Tools wie Social Media und KI geht ein steil ansteigender Trend einher: Immer mehr Daten sind verfügbar und werden auch von den Unternehmen gesammelt, sei es im Marketing oder Sales über Kundenverhalten, in der Logistik über Transportparameter oder in HR über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
• Analysieren Sie Ihre Daten und bereiten Sie diese auf, denn nur zuverlässige Datensätze können zu qualitativen Entscheidungen führen. Welche Datenquellen und Formate werden benötigt? Welche Kriterien betreffend Qualität, Vollständigkeit, Aktualität und Relevanz müssen die Daten erfüllen?
• Hier ist besonders der Personalbereich gefordert, denn er arbeitet mit sensiblen personenbezogenen Daten: So können zum Beispiel für People Analytics sowohl Stammdaten aus dem Personalakt interessant sein, als auch Verhaltensdaten aus internen sozialen Plattformen, Inhalte aus Umfragen oder Produktivitätsmessungs-Tools.

Praxistipp 2: Datenschutz ist Pflicht für HR

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat klare Richtlinien für personenbezogene Daten, mit deren Einhaltung kann HR sicherstellen, dass die Privatsphäre der Beschäftigten gewahrt bleibt:
• Sie brauchen einen konkreten Zweck (Art.5) und dürfen auch nur die dafür relevanten Daten erheben.
• Mitarbeitende müssen freiwillig einwilligen können (Art.6) ob und welche Daten verarbeitet werden.
• Sie müssen offenlegen (Art.13) zu welchem Zweck welche Daten erhoben werden.
Automatisierte Entscheidungen (Art.22) über eine Person sind nicht erlaubt, ein Mensch muss mitentscheiden.

Praxistipp 3: KI-Expertise erwerben oder einholen und Betriebsrat einbeziehen

Gerade bei komplexen People Analytics Fragestellungen kann Künstliche Intelligenz Hilfe leisten und große Datenmengen auswerten oder miteinander verknüpfen. Wie bei allen Technologien kommt es darauf an, die Vorteile zu nutzen, aber Stolpersteine und vor allem Missbrauch zu vermeiden. Sofern nicht ausreichend Wissen über KI in der Personalabteilung besteht, ist es daher notwendig, sich Unterstützung zu holen.

Achten Sie u.a. auf Folgendes:

• Bei Daten, die einen Bias enthalten, besteht die Gefahr von Diskriminierung. Wenn beispielsweise in der Vergangenheit Männer bei einem bestimmten Job bevorzugt angestellt wurden, so wählt die KI aus den Bewerbenden der Wahrscheinlichkeit folgend ebenso wieder einen Mann aus.
• Komplexe KI-Prognosen, wo die Ergebnisse nicht nachvollziehbar sind, können zu selbsterfüllenden Prophezeiungen führen: Wenn beispielsweise die Prognose für Frau Pospischil ergibt, dass sie im kommenden Jahr kündigen könnte, so wird ihre Führungskraft sie möglicherweise weniger fördern und Frau Pospischil kündigt deswegen dann tatsächlich.
• Der Betriebsrat muss bei der Planung und Einführung von KI-Systemen einbezogen und angehört werden, wenn Beschäftigtendaten verarbeitet oder Kontrollmechanismen eingeführt werden. Den Rechtsrahmen zur Mitbestimmung des Betriebsrats regelt die DSGVO (siehe Tipp 2) und das Arbeitsverfassungsgesetz in Bezug auf Überwachungsrechte (§ 89 ArbVG), Informationsrechte (§ 91 ArbVG) und Betriebsvereinbarungen (§§ 96, 96a und 97 ArbVG). Der Betriebsrat hat das Recht auf Informationen, ein Vetorecht sowie auch das Recht, Expertenmeinungen beizuziehen, etwa von Gewerkschaftsseite.
• Auch der AI-Act ist zu beachten: Diese EU-Verordnung fordert u.a., dass alle Personen, die mit KI-Systemen arbeiten, dafür entsprechende KI-Kompetenz vorweisen müssen und dazu müssen Unternehmen die notwendigen Schulungen anbieten.

Praxistipp 4: Schrittweise Erfahrung sammeln

• Pilot mit konkreter Frage: Bilden Sie ein People Analytics Team (zumeist aus HR und IT) und beginnen Sie Ihr Pilotprojekt mit einer konkreten Frage, um auch konkrete Ergebnisse zu erhalten. Wählen Sie dabei einen strategischen Bereich, z.B. Recruiting oder Performance.
• Datenanalyse: Überlegen Sie, welche Daten dafür benötigt werden. Prüfen Sie diese Daten auf Qualität, Vollständigkeit, Verlässlichkeit, Datenschutz: Achten Sie bei der Auswahl auf DSGVO-Konformität, ggf. macht es Sinn, Daten zu anonymisieren oder zu aggregieren. Beziehen Sie rechtzeitig den Betriebsrat ein und holen Sie dessen erforderliche Zustimmungen ein, sowie auch von der Belegschaft.
• Tools wählen: People Analytics ist keine eigene Technologie, sondern nutzt verschiedene Tools und Datenquellen. Das können Module aus der HR-Software sein, wie Personalakt oder Personalentwicklung; genauso Stand-alone-Lösungen, die etwa für Mitarbeiterbefragungen eingesetzt werden. Wichtig zu wissen: Daten liefern nicht für sich alleine die gesuchten Informationen, sondern erst, indem sie in Beziehung gesetzt werden.
• Daten und menschliches Erfahrungswissen kombinieren: Werten Sie die Ergebnisse aus. Bedenken Sie dabei, dass Zahlen die wesentliche Grundlage sind, es bei strategischen Entscheidungen aber auch auf die Erfahrung der Führungskräfte, das oft zitierte „Bauchgefühl“ ankommt. Setzen Sie dementsprechende Maßnahmen.
• Dazulernen: Überprüfen Sie Hypothesen und Ergebnisse, analysieren Sie Learnings; so können Sie schrittweise agil Ihr People Analytics Repertoire ausbauen.

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