Agile Personalarbeit

Schneller, flexibler und besser auf den Kundenbedarf zugeschnitten – dieses Ergebnis versprechen agile Vorgehensmodelle. Was bei der Software begann, geht nun als Methode durchs ganze Unternehmen und macht auch vor Human Resources nicht Halt. In unserer zweiteiligen Serie lesen Sie in diesem ersten Blog über agile Personalarbeit und dazugehörige Instrumente. Der zweite Blog wird sich damit beschäftigen, wie die Personalabteilung Agilität im gesamten Unternehmen fördern kann.

Die Ursprünge von agilem Management

Die ersten, die den Begriff „agil“ und damit auch ein agiles Vorgehen einsetzten, waren die Software-Entwickler. Man wollte Software-Projekte transparenter, schneller und vor allem bedarfsorientierter abwickeln. Bis dahin wurde ein detailliertes Pflichtenheft geschrieben, darauf basierend bis ins Detail programmiert, getestet und zum Schluss das Ergebnis der Fachabteilung übergeben – dieses streng lineare Vorgehen wurde auch „Wasserfallmethode“ genannt. Oft waren dabei zwei Jahre oder mehr vergangen, die Anforderungen der Fachabteilung hatten sich längst geändert – aber im Nachhinein konnte das fertige Programm nicht mehr, oder nur mit enormem Aufwand, geändert werden.

Die agile Software-Entwicklung wollte dieses unbefriedigende Ergebnis ändern, man geht daher in kurzen Zyklen vor: Teilaufgaben werden definiert, programmiert, getestet und mit der Fachabteilung ständig abgeglichen. Eine verbreitete agile Vorgehensmethode ist SCRUM, dort heißen die Zyklen „Sprint“ und sind 2 Wochen bis maximal 1 Monat lang. Statt des Pflichtenhefts geht es jetzt um Funktionen und was diese bringen sollen. Der Product Owner vertritt die Fachseite, der Scrum-Master überwacht Prozesse und Regeln, im Team programmieren idealerweise 7 Entwickler. Durch den ständigen Austausch mit den Anwendern aus den Fachabteilungen werden Ergebnisse laufend optimiert, weil Änderungswünsche sofort berücksichtigt werden.

Eine andere Methode ist Kanban, sie kommt aus der Produktion und versucht ebenfalls, die Aufgaben (genannt Tickets) in kleine Schritte zu unterteilen, damit sie transparenter werden. Engpässe vermeidet man, indem nicht zu viele Aufgaben gleichzeitig vergeben werden. Der Arbeitsfluss wird ständig gemessen und das Team ist bestrebt, sich zu verbessern und damit auch das Ergebnis für die Anwender zu optimieren.

Auch HR wird agil

Was in der IT funktioniert, kann, bzw. sollte, genauso auf Human Resources angewendet werden. Denn das Abweichen von einem Plan ist heute gang und gäbe, jede Abteilung im Unternehmen muss laufend auf neue Anforderungen reagieren, im Extremfall bis zur Disruption. Das verlangt neue Skills von den Mitarbeitern und eine veränderte Personalarbeit.
Natürlich können Sie als HR die Belegschaft in kleinen Teams nicht ausschließlich allein agieren lassen, denn Sie müssen ja strategische Aufgaben als verlängerter Arm der Geschäftsleitung erfüllen. Analog zum Scrum-Master, der Prozesse und Regeln überwacht, können Sie jedoch bei vielen HR-Themen die Mitarbeiter verstärkt einbinden, kürzere Entscheidungswege wählen und auf Veränderungen schneller reagieren.

In den folgenden 3 Bereichen bringt Ihnen agiles Vorgehen Vorteile:

1 – Agile Personalauswahl

Anforderungen an neue Mitarbeiter ändern sich rasch, daher sollte HR bei der Personalauswahl mit agilen Methoden die Fachabteilungen begleiten und beraten. Zu Beginn des Blogs haben wir das Pflichtenheft in der Software-Entwicklung beschrieben, das durch rasche Veränderungen am Markt nicht mehr brauchbar war. Die Analogie zum Pflichtenheft ist in der HR das Anforderungsprofil für eine vakante Stelle.

Statt wie bisher ein detailliertes Anforderungsprofil zu erstellen, geht es in der agilen Personalauswahl jeweils um spezifische Fähigkeiten: Was soll der Bewerber können, wie soll er zum Ziel seines Teams beitragen.
Um in eine agile Organisation zu passen, sollte der künftige Mitarbeiter auch offen für Neues sein und mit Unsicherheiten bzw. Veränderungen umgehen können.

2 – HR-Instrumente neu denken und öfter einsetzen

Klassische Vergütungsmodelle mit individuellen Zielvereinbarungen passen nicht mehr in eine Organisation, wo in agilen Teams über Abteilungen hinweg zusammengearbeitet wird. Oft dauern die Projekt-Zyklen auch nur einige Monate, dann formen sich schon wieder andere Teams; der bis jetzt gehandhabte 1-Jahres-Prämienplan erfüllt hier nicht mehr seinen Zweck. Ziele müssen zu (kurzfristigen) Teamzielen werden.

Für das Mitarbeitergespräch gilt dasselbe: einmal im Jahr ist es in der agilen Organisation zu selten. Statt diesem starren Raster zu folgen, wünschen sich Mitarbeiter häufigere und auch informellere Gespräche. Ähnlich den Sprints in der Software-Entwicklung wollen auch sie über ihre Leistung unmittelbar Feedback erhalten. So können Führungskräfte und Mitarbeiter zeitnah im Projekt auf neuen Bedarf reagieren, statt auf das Jahresende zu warten, wo im Nachhinein nichts mehr zu ändern ist.

3 – Agile Personalentwicklung heißt Learning on Demand

In diesem Bereich muss ein Paradigmenwechsel stattfinden, denn bis jetzt hatte die Personalentwicklung gewissermaßen das Sagen: Sie schätzte die Fähigkeiten der Mitarbeiter ein und entschied an Hand von Kompetenzprofilen und Stellenbeschreibungen, was gelernt werden soll. Agile Personalentwicklung verlangt den Wandel zum Ermöglichen von Lernprozessen, wo Mitarbeiter ihre Interessen einbringen können. Auch der Fokus auf die klassische Hierarchieleiter ist passé, heute zählt die Fachkarriere, dementsprechend benötigen Mitarbeiter auch eigene, auf ihre Stärken zugeschnittene Ausbildungswege.

Genauso wie Software nicht mehr mit einem 2-Jahres-Horizont entwickelt werden kann, gilt das auch für die Entwicklung der Mitarbeiter, denn Anforderungen und Schulungsbedarf sind komplex und ändern sich rasch. HR sollte künftig mit der Führungskraft und dem jeweiligen Mitarbeiter den Ausbildungsbedarf gemeinsam erstellen. Dabei gilt: Learning on Demand statt Lernen auf Vorrat.

Ein individueller Lehrplan sollte auch Präferenzen betreffend Lernweisen (wie Präsenzkurs oder Webinar), sowie unterschiedliches Lerntempo berücksichtigen.

Der Erfolg der Personalentwicklung misst sich mit diesem Paradigmenwechsel nicht mehr an den Ausbildungskosten pro Mitarbeiter. Vielmehr geht es um das Ergebnis: Was bringen die Schulungen dem Unternehmen, wurde zum Beispiel eine erfolgreichere Marketing Kampagne mit Social Media gelauncht, nachdem der Mitarbeiter auf einer solchen Schulung war.

Fazit: Agil bedeutet beweglich

Insofern bedeutet Agilität in Human Resources, gewohnte Methoden in Frage zu stellen und wenn nötig, zu ändern. Das ist ein längerer und schwieriger Prozess, aber für HR die Chance, von einer Rolle als Verwalter zu einem Ermöglicher zu werden.

Mit der Umstellung Ihrer eigenen Methoden können Sie als Personalabteilung zu einem Vorbild werden und die Ideen des agilen Arbeitens in das gesamte Unternehmen tragen. Wie Sie Ihre Firma auf dem Weg in die agile Organisation unterstützen können, das ist Thema des zweiten Teils.

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