So stärkt HR die digitalen Kompetenzen der Belegschaft

Die digitale Arbeitswelt bringt Umbrüche und verlangt neue Kompetenzen, damit Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben. Lesen Sie, welche Skills gebraucht werden, warum individuelle Ziele wichtig sind und wie die Personalabteilung diese Transformation unterstützen kann.

Alle brauchen Digital Skills

„Digital Literacy ist weit mehr als die Fähigkeit, digitale Geräte im Alltag bedienen zu können. Diese Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts kann keinesfalls als selbstverständlich vorausgesetzt werden – weder bei Lernenden noch bei Lehrenden (insofern ist es auch ein Mythos, dass Digital Natives „automatisch“ digitale Tools & Kommunikationsmöglichkeiten beherrschen). Es gilt, diese gemeinsam im Rahmen eines intensiven Dialogs weiter zu entwickeln“ – so schreibt treffend die FH St. Pölten. In den Unternehmen hat daher die Personalabteilung eine führende Rolle, um den erwähnten Dialog zu führen und Digital Skills weiterzuentwickeln. Denn Digitalisierung verändert betriebliche Prozesse oder auch ganze Geschäftsmodelle und so müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Offenheit und die Fähigkeiten erwerben können, mit neuen Werkzeugen umzugehen und neue Aufgaben zu erfüllen.

Schulung und Weiterentwicklung von Digital Skills umfassen unterschiedlichen Bereiche:

Digitale Grundlagen

  • Werkzeuge für Kommunikation und Zusammenarbeit nutzen. Speziell seit den Lockdowns genügt E-Mail nicht mehr. Wie ermöglichen Videokonferenzen oder Chat Tools ein produktiveres Arbeiten.
  • Neue Werkzeuge zur Erstellung digitaler Inhalte beherrschen, so haben z.B. kurze Image- und Erklärvideos lange Beschreibungen in Textform ersetzt.

Digitale Methoden

  • Agile Arbeitsmethoden wie Scrum, Kanban für Projektteams.
  • Verständnis für digitale Geschäftsmodelle: diese funktionieren abteilungsübergreifend, daher sollte auch abteilungsübergreifendes Denken gefördert werden.

Digitale Technologien
Je nach Einsatzbereich sind hier Themenbereiche und Detaillierungsgrad zu wählen. Beispielsweise sollte Marketing die Grundlagen der Datenanalyse beherrschen, um Konsumentenverhalten besser zu verstehen.

  • Daten aufbereiten und Datenanalyse, Stichwort Big Data
  • KI, Machine Learning, Cloud Computing, Internet of Things

Soziale und kommunikative Kompetenzen im digitalen Umfeld

  • Offenheit, über den Tellerrand schauen und Zusammenhänge erkennen
  • Selbstorganisation, Eigenverantwortung
  • Kreativität, Fähigkeit Probleme zu lösen und auch Entscheidungen zu treffen
  • Frustrationstoleranz, um immer wieder neue Wege zu probieren, wenn ein Weg gescheitert ist
  • Kooperation, d.h. in Teams Lösungen erarbeiten und gestalten
  • Anpassungsfähigkeit, sich in wechselnde Teams zu integrieren und sich auf neue Situationen einzustellen

Arbeitsteilung zwischen Menschen und Maschine

Es gibt noch einen Aspekt, der beim Thema digitale Kompetenzen zwar noch selten Beachtung findet, aber wichtiger wird: Wie gestaltet man die Zusammenarbeit von Menschen mit Maschinen bzw. Künstlicher Intelligenz (KI)? Hier geht es zum Beispiel um Bots, die standardisierte Buchungen durchführen und diese an die menschlichen Kolleginnen oder Kollegen weitergeben, wenn etwas unklar ist.

Das wurde in einem Forschungsprojekt des Deutschen Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, in Zusammenarbeit mit IBM und ver.di, von der Uni Maastricht, untersucht. Damit diese Zusammenarbeit funktioniert und KI nicht als Jobkiller gesehen wird, muss die Belegschaft unterstützt werden, die nötige Offenheit für neue Technologien zu erlangen. Dazu muss der Einsatz von KI einen klaren Rahmen haben und transparent sein. Wenn KI mehr Freiraum für anspruchsvolle Tätigkeiten ermöglicht, müssen die Arbeitskräfte dann auch dafür entsprechend qualifiziert sein. Untersucht wurde etwa der HR-Chatbot CARL bei Siemens. Das Personalteam sieht ihn als Entlastung, weil er Routineanfragen beantwortet und rund um die Uhr erreichbar ist. Für sie hat sich die Art zu arbeiten geändert, nicht aber die Gesamtarbeitsmenge, daher sehen sie ihn nicht als Bedrohung. Dennoch weist die Studie daraufhin, dass künftige KI sehr wohl auch Arbeitsplätze kosten wird, daher sollte man auch eine Technikfolgenabschätzung machen. Beim Einsatz von KI dürfe man nicht nur an Produktivität denken, sondern auch an soziale Aspekte.

HR leistet wichtigen Beitrag zum individuellen Aufbau von Digital Skills

Digitalisierung bringt große Veränderungen, daher sollten im Mittelpunkt der digitalen Weiterbildungsprogramme jeweils die persönlichen Ziele der Teilnehmenden stehen. Die Personalabteilung hat hier vielfältige Aufgaben:

  • Für die Entwicklung der individuellen digitalen Skills eignen sich Job-Profile gut, die HR mit jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter (ggf. in Zusammenarbeit mit den Vorgesetzten) erarbeitet: Wo wollen sie Kompetenzen aufbauen oder vertiefen? Wie sieht der Arbeitsplatz heute aus, wie in drei oder in fünf Jahren und welche Skills fehlen dazu?
  • Um die Trainings individuell gestalten zu können, sind eLearning Formate besonders gut geeignet. Damit wird selbstbestimmt in Häppchen und praxisorientiert gelernt. Wenn neue Anforderungen entstehen, können jederzeit neue Lerneinheiten dazu genommen werden. HR kann bei der Auswahl der Module unterstützen.
  • Lebenslanges Lernen ist bei Digitalisierung ein Muss, denn Technologien entwickeln sich permanent weiter. Um das zu erreichen, könnte allen Angestellten pro Woche oder pro Monat ein fixes Zeitbudget zum Lernen zur Verfügung gestellt werden.
  • Führungskräfte werden zu Coaches, denn Teams arbeiten in wechselnden Zusammensetzungen und mit viel mehr Eigenverantwortung. Diese Kultur will gelernt sein und muss auch verinnerlicht werden, hier braucht es für das Management Unterstützung seitens HR.
  • Ein wichtiger Faktor beim Erwerb digitaler Kompetenzen ist Zeit geben, speziell im Bereich Soziales. Die Personalabteilung kann auch dazu beitragen, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die Fehler erlaubt.

Mit dem gezielten Aufbau und der kontinuierlichen Weiterentwicklung von digitalen Kompetenzen in der Belegschaft bleiben Unternehmen wettbewerbsfähig und können die besten Köpfe längerfristig binden. HR hat hier eine entscheidende Rolle, den Dialog mit allen Beteiligten zu führen und die Transformation zu begleiten.

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