Wie Covid-19 das Arbeiten in Österreich verändert

Was vor kurzem noch misstrauisch beäugt wurde, ist heute voll akzeptiert: Home-Office. Dazu haben Mitarbeiter beigetragen, die im Lockdown oft mit überdurchschnittlichem Einsatz zu Hause gearbeitet haben. Nun gilt es, Rahmenbedingungen für die ausgeglichene Balance neuer Arbeitsformen zu setzen.

300 Unternehmen aller Branchen und von KMU bis Konzern wurden in der Flexible Working Studie von Deloitte, gemeinsam mit dem Institut für Arbeits- und Organisationspsychologie der Uni Wien, befragt. Das sind die wichtigsten Ergebnisse:

  • Rasanter Anstieg von Home-Office: 96% der Unternehmen nutzten diese Arbeitsform umfangreich im Lockdown.
  • Es wurden auch Tätigkeiten im Home-Office erledigt, die man bis jetzt für dort nicht möglich gehalten hatte.
  • 84% verwenden seither mehr digitale Kommunikationstools.
  • Mehr als 80% erwarten, dass sich dauerhaft mehr Home-Office etablieren wird.
  • Mobiles Arbeiten soll langfristig implementiert werden, dafür müssen klare Spielregeln für Mitarbeiter und Führungskräfte kommuniziert werden.

Achtung auf die psychische Gesundheit

Die seelische Gesundheit leidet unter der Krise und dem Lock-Down, hat eine Befragung von 1500 österreichischen Beschäftigten durch das Karriereportal Stepstone ergeben:

  • 20% der Arbeitnehmer spüren Auswirkungen auf die psychische Gesundheit.
  • 21% fühlen sich sowohl körperlich als auch seelisch mitgenommen.
  • 8% nennen Auswirkungen auf die physische Gesundheit.

In Summe spürt rund die Hälfte gesundheitliche Auswirkungen, daher ist Work-Life Balance ein Thema, das im Unternehmen angesprochen werden sollte.

Diese Faktoren beeinflussen die Work Life Balance

Neue Arbeitsformen erfordern neue Denkweisen und Regeln. Denn nun wird nicht nur zwischen Arbeits- und Berufsleben abgewogen, sondern auch zwischen Büro und Home-Office. Wir zeigen Ihnen, auf welche Einflussfaktoren Sie achten sollten.

Vertrauen versus Kontrolle:
Virtuelle Verfügbarkeit wurde im Lockdown sehr hoch bewertet, weil für viele Unternehmen das Arbeiten im Home-Office neu war. Aber der Druck, ständig erreichbar sein zu müssen und beispielsweise auch am Abend noch Mails zu beantworten, weil sie im Lockdown sowieso zu Hause waren, kann bei Mitarbeitern zu Stress führen. Definierte Zeiten der Nicht-Erreichbarkeit erleichtern das Abschalten. Die Kontrolle einer Aufgabe sollte nicht über das Ausmaß der Stunden erfolgen, sondern die erbrachten Ergebnisse sollten im Vordergrund stehen.

Regeln sichern selbständiges Arbeiten:
Auf den ersten Blick erscheint es paradox, aber die Freiheit des selbstbestimmten Arbeitens im Home-Office ist nur mit klar kommunizierten Regeln möglich. Die Mitarbeiter gewinnen dadurch an Flexibilität, die Führungskräfte gewinnen dadurch die Sicherheit, dass Prozesse weiterhin abgestimmt funktionieren. Beachten Sie, dass die Regeln auch zur Unternehmenskultur passen müssen.

Grenzen ziehen und abschalten:
Viele Mitarbeiter haben im Lockdown sogar mehr gearbeitet. Die Gründe sind vielfältig, wie Angst um den Arbeitsplatz, Wegfall der Anreisezeiten oder weniger Kommunikationsmöglichkeiten: Während im Büro kurz mal ein Kollege vorbeischaut oder Gruppen gemeinsam essen gehen, haben viele nun nebenher am Schreibtisch mittaggegessen. Im Home-Office verschwinden die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben; oft gibt es in Wohnungen aus Platzgründen kein eigenes Arbeitszimmer, so ist das Notebook quasi immer im Blickfeld. Für langfristiges Wohlbefinden ist es wichtig, Ihren Mitarbeitern zu kommunizieren, dass sie abschalten dürfen und sollen.

Balance von Home-Office und physischer Anwesenheit:
Der persönliche Kontakt ist wichtig, denn Menschen sind soziale Wesen, auch Small-Talk darf nicht fehlen, etwa in der Kaffeeküche. Umgekehrt muss aber nicht jedes Meeting persönlich stattfinden, es hat sich gezeigt, dass Video-Konferenzen ein guter Ersatz sind. In der Umfrage von Deloitte geben 86% der Unternehmen an, dass sie heute ein besseres Grundverständnis haben, welche Besprechungen tatsächlich physisch stattfinden müssen. Eine entsprechende Planung reduziert sowohl Dienstreisen, als auch tägliche Fahrten ins Büro.

Videokonferenzen richtig nutzen:
13% mehr Meetings, jedoch sind Besprechungen in digitaler Form um 20% kürzer geworden – das hat eine Umfrage unter mehr als drei Millionen Angestellten in Nordamerika, Europa und dem Nahen Osten ergeben. Teilnehmer beschränken sich in Videokonferenzen auf das Wesentliche, verwenden weniger Zeit für Small Talk, auch Unterbrechungen kommen seltener vor. Digitale Meetings werden häufiger genutzt, um sich aus dem Home-Office rasch und kurz mit Kollegen abzustimmen. Video-Konferenzen sind allerdings anstrengender als physische Meetings, daher ist auf entsprechende Pausen zu achten, es sollten auch – im Sinne einer Balance – nicht zu viele an einem Tag stattfinden.

Der soziale Kitt:
Die Mitarbeiterin aus der Buchhaltung trifft in der Kantine die Kollegin aus dem Vertrieb und es ergibt sich beim Mittagessen ein längeres Gespräch. Diese Kommunikation über Abteilungen hinweg ist wichtig, sie stärkt den Zusammenhalt der Belegschaft, oft entstehen auch produktive Ideen, wenn über den Tellerrand geblickt wird. Das fällt im Home-Office weg, denn hier wird zwar mittlerweile gut innerhalb der eigenen Organisation kommuniziert, aber selten darüber hinaus. Dieser informelle Austausch kann nur persönlich erfolgen und auf solche Präsenzen sollten Sie bei den Regelungen für neue Arbeitsformen achten.

Exkurs: Ungleiche Mehrfachbelastung im Home-Office

Home-Office verändert nicht automatisch Geschlechterrollen oder die Verteilung der unbezahlten Arbeit im Haushalt – dieses Ergebnis einer Studie in Deutschland vor der Pandemie wurde durch die aktuelle Krise (leider) bestätigt. Für Eltern – und speziell Mütter – brachte der Lockdown zusätzlichen Stress, das zeigt eine Online-Befragung des Instituts für heterodoxe Ökonomie an der Wirtschaftsuniversität Wien: Alleinerzieherinnen kamen mit knapp 15 Stunden auf die meisten Arbeitsstunden, davon 9 Stunden unbezahlte Kinderbetreuung und Hausarbeit. Mütter in Paarhaushalten mit Kindern arbeiteten 14 ¼ Stunden – 9 ½ davon unbezahlt. Väter in Paarhaushalten arbeiteten hingegen knappe 13 ¾ Stunden und knapp 7 unbezahlt.

Dieses Thema betrifft zuerst einmal unsere Gesellschaft in Österreich. Doch auch den Entscheidungsträgern im Unternehmen sollte diese Ungleichheit bewusst sein; denn viele Frauen fürchten, Home-Office in Anspruch zu nehmen, weil häufig unterstellt wird, dass sie dort nebenbei ihre Kinder betreuen und somit weniger konzentriert arbeiten. Letztendlich entscheidet die Vereinbarkeit von Beruf und Familie über Karriere-Chancen und damit über das Lebenseinkommen.

Tipps für die neue Work Life Balance

Das Home-Office ist gekommen, um zu bleiben – darin sind sich die Unternehmen nach den Erfahrungen aus der Pandemie einig. Nun ist es an der Zeit, die passenden Rahmenbedingungen für das produktive und ausgeglichene Arbeiten zwischen Büro und Home-Office zu erstellen. Stellen Sie sich folgende Fragen, basierend auf Ihren Erfahrungen:

 

  • Was hat sich in der Krise als vorteilhaft erwiesen und soll beibehalten werden?
  • Welche Aufgaben oder Tätigkeiten sollen im Büro erfolgen und was kann künftig im Home-Office erledigt werden?
  • Welche Regeln müssen wir etablieren, damit Vertrauen und Flexibilität möglich werden, gleichzeitig jedoch das Funktionieren des Unternehmens gesichert ist?
  • Was hat im Home-Office gefehlt und muss in Zukunft durch Anwesenheit im Office gelöst werden?
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