Vollständig rechnen
Angesichts von Budgetdefiziten und politischen Krisen sind Maßnahmen für Nachhaltigkeit in den Hintergrund gerückt. Zu Unrecht. Denn viele Firmen wissen um den Wert von langfristigem Denken und das heißt, auch Nachhaltigkeit bei den Entscheidungen mit zu bedenken. Selbstverständlich müssen Unternehmen und Staaten bzw. Zusammenschlüsse von Staaten wie die EU wirtschaftlich geführt werden. Doch – entgegen mancher Behauptungen – schließt dies Nachhaltigkeit nicht aus, im Gegenteil: Zu oft wird unvollständig gerechnet oder unter den Tisch gekehrt, wie hoch die Kosten von nicht nachhaltigem Wirtschaften sind; eindrückliches Beispiel sind Flutregen und Hochwasser, die aufgrund des Klimawandels häufiger und intensiver auftreten und etwa im September 2024 in Österreich 1,3 Mrd. Euro Schaden verursacht haben.
Gemeinsames Ziel: nachhaltig und wettbewerbsfähig
Nachhaltiges Wirtschaften sollte nicht nur das „E – Environment“ der ESG-Kriterien umfassen, sondern auch Maßnahmen im Bereich „S – Social“ wie Inklusion, Menschenrechte, gesunder und sicherer Arbeitsplatz und „G – Governance“ wie ethische Grundsätze, Transparenz, unabhängige Kontrolle. Wer Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit als gemeinsames Ziel sieht, kann neue unternehmerische Chancen lukrieren. Das sehen wir uns an folgenden Beispielen an.
5 strategische Bereiche, auf die Sie nachhaltig schauen sollten
1 * Arbeitskräfte: Ein Arbeitgeber, der sein Unternehmen nach ESG-Kriterien führt, ist auf dem umkämpften Jobmarkt attraktiver. Er zieht Fachkräfte an, die Fluktuation sinkt, denn gemeinsame nachhaltige Ziele und Werte verbinden. So tragen betriebliche Angebote wie etwa das JobRad zur Zufriedenheit der Belegschaft bei und gleichzeitig wird jede Firmenfahrt damit ökologischer.
2 * Finanzierung, Innovation, Wettbewerbsvorteile: Um im Wettbewerb mithalten zu können, braucht es Innovation bei Produkten oder Dienstleistungen – dies bedeutet zumeist auch Investition. Wenn´s ums Geld geht, wie bei Förderungen oder Kapitalbeschaffung, spielen die ESG-Kriterien ebenfalls mit. Die EU-Taxonomie Verordnung möchte Investitionen in nachhaltige Projekte leiten, weshalb sich Kreditgeber verstärkt an ESG-Kriterien orientieren.
3 * Resilienz, Ressourcen: Nachhaltige Strategien erweitern den Blick, vom Kerngeschäft über das lokale Umfeld bis zur gesamten (internationalen) Wertschöpfungskette. Ein globaler Blick kann die Resilienz des Unternehmens stärken, indem Lieferketten analysiert werden um Engpässe zu vermeiden. Oder indem mehr auf Kreislaufwirtschaft gesetzt wird, die Abfälle reduziert und Ressourcen spart.
4 * Betriebskosten: Der Aufwand für Energie ist für die meisten Unternehmen ein wichtiger Posten. Wenn das Potenzial von erneuerbarer Energie wie Photovoltaik oder Wärmepumpen genutzt wird, spart das Geld und macht, zumindest teilweise, unabhängiger. Grünes Energiemanagement fördert auch die Kundenbindung, denn immer mehr achten beim Einkauf auf umweltfreundliche Produkte.
5 * Vorreiterrolle: Wer EU-Regelungen wie CSRD oder Taxonomie als Chance sieht und proaktiv umsetzt, kann sich als Vorreiter für nachhaltiges Wirtschaften positionieren. Das wird von vielen Stakeholdern wahrgenommen: von Geschäftspartnern, auf Konsumentenseite oder im Finanzbereich.
CSRD: Nachhaltigkeits-Reporting wird vergleichbar
Ein essentielles Europäisches Tool für Nachhaltigkeit ist die CSRD – Corporate Sustainability Reporting Directive bzw. Richtlinie zur unternehmerischen Nachhaltigkeitsberichterstattung; sie wurde 2022 im Rahmen des Green Deal beschlossen. Diese Richtlinie (EU) 2022/2464 der EU ersetzte die bisherige CSR-Richtline, welche einige Defizite hatte, wie etwa seitens des Deutschen Umweltbundesamts aufgezeigt worden war. Mit der neuen CSRD haben die Nachhaltigkeitsinformationen eines Unternehmens den gleichen Stellenwert wie Finanzinformationen bekommen. Gemeinsame Berichtsstandards sollen Greenwashing verhindern und machen es Außenstehenden (egal ob sie Finanzexpertise haben oder Laien sind) einfacher, Firmen und deren Angebote zu vergleichen.
Stop the Clock: aufgeschoben aber nicht aufgehoben
Die CSRD-Richtlinie wäre bis zum 6. Juli 2024 in nationales Recht umzusetzen gewesen. Nun verschieben sich für bestimmte Firmengruppen die Fristen, Grund dafür ist die Richtlinie (EU) 2025/794 vom April 2025: Bekannt unter dem Stichwort „Stop-the-Clock“ basiert diese Richtline auf dem Omnibus I-Paket, das im Februar 2025 von der Europäischen Kommission beschlossen wurde um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren; dabei geht es neben Erleichterungen bei den CSRD Berichtspflichten auch um EU-Taxonomie oder das CO2 Grenzausgleichssystem.
- Unternehmen der sog. ersten Welle sind von der CSRD-Fristverschiebung nicht betroffen. Hier handelt es sich um Finanzdienstleister, die schon vorher zur Angabe nichtfinanzieller Informationen (NFRD) verpflichtet waren. Sie waren erstmals im heurigen Jahr zur Berichterstattung laut CSRD über das Geschäftsjahr 2024 verpflichtet und sind das weiterhin.
- Eine CSRD-Fristverschiebung um zwei Jahre erhalten Unternehmen der zweiten Welle: Diese großen Unternehmen müssen nun erstmals über das Jahr 2027 berichten. Gleichzeitig wird noch beraten, ob weniger Unternehmen in diese Gruppe hineinfallen sollen.
- Eine CSRD-Fristverschiebung um zwei Jahre erhalten auch Unternehmen der dritten Welle: Diese börsennotierten KMU müssen nun erstmals über das Jahr 2028 berichten
So integrieren Sie Nachhaltigkeits-Ziele in die Geschäftsstrategie
Unabhängig von eventuellen Fristverschiebungen sollten Unternehmen das Potenzial von nachhaltigem Wirtschaften nützen, um sich im Wettbewerb zu differenzieren. Die Anforderungen von Richtlinien wie CSRD liefern eine solide Grundlage. Eine gelungene Nachhaltigkeitsstrategie umfasst:
- Langfristige Betrachtung der Auswirkungen auf Unternehmen, Umwelt, Gesellschaft, Stakeholder.
- Ganzheitlicher Ansatz, der alle Unternehmensbereiche einschließt, inklusive transparenter Kommunikation über Maßnahmen, sowohl intern als auch extern.
- Messbare Ziele und Kennzahlen, um den Erfolg der Maßnahmen nachweisen oder Anpassungen vornehmen zu können.
- Compliance mit allen Richtlinien und Gesetzen betreffend Nachhaltigkeit.
Die Rolle von Reporting: messen, kontrollieren, gestalten
Mit fundiertem professionellem Nachhaltigkeits-Reporting können Unternehmen ihre Ziele definieren und dann einfach im Auge behalten: So können sie Technologien, Praktiken und Risiken regelmäßig kontrollieren, neu bewerten und Maßnahmen bei Bedarf anpassen. Kennzahlen aus dem Reporting erleichtern die transparente Berichterstattung: Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, erfahren eine positive Resonanz von Kundenseite und als Arbeitgeber – dies wiederum stärkt im Wettbewerb. Last but not least tragen nachhaltige Unternehmen zu einer lebenswerten Welt bei und gestalten die Zukunft für spätere Generationen.