Unternehmen sollen grüner …
„Durch die neuen Vorschriften werden mehr Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft rechenschaftspflichtig sein und zu einem Wirtschaftsmodell hingeführt, das den Menschen und der Umwelt zugutekommt. Daten über den ökologischen und gesellschaftlichen Fußabdruck werden für alle, die sich dafür interessieren, öffentlich zugänglich sein“, sagte Jozef Síkela, EU-Minister für Industrie und Handel, anlässlich der Billigung der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Die Idee hinter der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist verbunden mit anderen EU-Maßnahmen wie etwa die Taxonomie-Verordnung im Rahmen des EU- Green Deal: Wirtschaftsleistung und Finanzströme sollen zu nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten umgelenkt werden. Erstmals werden Aspekte der Nachhaltigkeit jenen der Finanzberichterstattung gleichgestellt.
Am 14.12.2022 wurde die CSRD im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Der österreichische Gesetzgeber muss bis Mitte 2024 die Richtlinie in nationales Recht transformieren, wobei wenig Spielraum für Änderungen besteht.
… und vergleichbarer werden
Bis jetzt haben viele Unternehmen freiwillig Nachhaltigkeitsberichte erstellt. In deren Gestaltung waren sie frei, sodass jede Firma im Prinzip das hineinschrieb, was ihr geeignet erschien. Nun ändert sich das, denn das wichtigste Ziel der CSRD ist die Vergleichbarkeit: Eine Informationspflicht über Nachhaltigkeit, die künftig standardisiert erfolgen muss, soll allen interessierten Menschen ermöglichen, Unternehmen (ab einer definierten Größe) zu vergleichen – egal ob man Wirtschaftsexpertise hat oder Laie ist. So kann man etwa vor einer Kaufentscheidung Autohersteller, Textilmarken, Nahrungsmittelkonzerne oder Reiseunternehmen bezüglich ihrer nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit vergleichen.
Wer muss ab wann berichten
Die neue Richtlinie will den Großteil der Wirtschaftsleistung in der Europäischen Union erfassen und grüner machen, nach Schätzungen werden es bis zu 50.000 Unternehmen und rund 75% der EU-Wirtschaftsleistung sein. Das betrifft folgende Firmen mit schrittweiser Inkraftsetzung:
- Große Finanzdienstleister wie Banken oder Versicherungen, die schon vorher zur Angabe nichtfinanzieller Informationen (NFRD) verpflichtet waren. Sie müssen den Report erstmals 2025 für das Berichtsjahr 2024 veröffentlichen.
- Große Unternehmen, die zwei von drei Bedingungen erfüllen: Mindestnettoumsatz 40 Mio. Euro, Bilanzsumme ≥ 20 Mio. Euro, Beschäftigte ≥ 250. Sie müssen den Report erstmals 2026 für das Berichtsjahr 2025 veröffentlichen.
- Börsennotierte KMU, wenn sie kapitalmarktorientiert sind. Sie müssen den Report erstmals 2027 für das Berichtsjahr 2026 veröffentlichen.
- Unternehmen aus Drittstaaten (Nicht EU), deren Tochtergesellschaften unter einen der oben genannten Punkte fallen, sind nun ebenfalls zur Berichterstattung verpflichtet.
Was muss berichtet werden
Die verpflichtende Berichterstattung umfasst:
- Allgemeine Angaben: Geschäftsmodell, Strategie, Rolle der Organe, etc.
- Thematische Angaben: nach der Logik von „ESG“ – Environmental (Umwelt), Social (Soziales), Governance (Unternehmensführung) müssen Risiken dargestellt werden. Soweit notwendig auch entlang der Wertschöpfungskette (hier spielt das neue Lieferkettengesetz mit hinein).
Wie muss die Berichterstattung aussehen
Das wird ganz konkret im European Sustainability Reporting Standard (ESRS) definiert, ein Entwurf soll im August veröffentlicht werden. Es wird KPI´s, qualitative und quantitative Kriterien geben. Außerdem soll der Bericht nach vorwärts und rückwärts gewandt sein, also wie sich das Unternehmen entwickelt und was es bereits getan hat.
Wichtig ist dabei das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit, d.h. Unternehmen müssen zwei Perspektiven in der Berichterstattung umsetzen:
- Out-In-Perspektive: Welchen Einfluss haben Umweltauswirkungen auf die Unternehmenstätigkeit.
- In-Out-Perspektive: Der Impact der Unternehmenstätigkeit auf die Umwelt.
Das Prinzip am Beispiel eines Skiliftbetreibers gezeigt: Der Unternehmenserfolg ist abhängig vom Schneefall und damit vom Klimawandel (Out-In); mit Beschneiungsanlagen wird die Umwelt beeinflusst, z.B. durch erhöhten Wasserverbrauch (In-Out). Auch eine Berichterstattung entlang der Wertschöpfungskette kann erforderlich sein, etwa wenn Anlagen in Ländern zugekauft werden, wo möglicherweise arbeitsrechtliche Standards herrschen, welcher Arbeitskräfte schlechter stellen als in der EU.
Ein Bericht, unabhängig geprüft
Künftig wird es nicht mehr zwei Berichte geben, wie bis jetzt den Finanz- und den Nachhaltigkeitsreport. Vielmehr müssen Unternehmen in der Bilanzpressekonferenz einen einzigen Bericht vorlegen, denn der Europäische Nachhaltigkeitsbericht ist integraler Bestandteil des Finanzberichts.
Eine weitere wichtige Neuerung betrifft das Audit: Genauso wie beim wirtschaftlichen Teil muss auch beim Nachhaltigkeitsteil ein unabhängiger Prüfer oder Zertifizierer gewährleisten, dass die Nachhaltigkeitsinformationen den EU-Standards entsprechen.
Jetzt anfangen für ökologischen und sozialen Wandel
Die Neuerungen zusammengefasst: Mit der Ausweitung der Berichtspflichten werden Schätzungen zufolge in Österreich etwa 2000 Firmen unter die neue Richtlinie fallen. Mehr und neue Daten müssen erhoben und nach verbindlichen Standards dargestellt werden. Und es besteht eine Pflicht zur Prüfung. Es ist daher empfehlenswert, dass Unternehmen sich rechtzeitig darauf vorbereiten, speziell jene, die bis jetzt noch nicht über Nachhaltigkeit berichten mussten.
Die neue Richtline möchte Greenwashing künftig unterbinden und birgt große Chancen für jene Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften. Denn sie können ihre Geschäftstätigkeiten für ihre Stakerholder:innen klar vergleichbar darstellen, sie positionieren sich zukunftsorientiert im Wettbewerb und als attraktiver Arbeitgeber. Last but not least profitieren die Umwelt und alle Menschen, indem Nachhaltigkeitsfaktoren wie Klimawandel und Menschenrechte in den Fokus unternehmerischer Tätigkeiten gerückt werden.