Change oder Transformation?
Die Begriffe Change und Transformation werden im Sprachgebrauch oft gleichgesetzt. Doch sie unterscheiden sich beträchtlich, nämlich in der Tiefe des erforderlichen Wandels.
- Change ist evolutionär: Ein Unternehmen passt sich an neue Kundenwünsche an, etwa indem Lieferungen beschleunigt werden. Doch im Grunde wird dasselbe gemacht, wie in der Vergangenheit. Kathrin Köster, Professorin für Internationales Management an der Hochschule Heilbronn, erklärt das Scheitern vieler Change-Projekte mit dem Bild einer Raupe, die versucht immer schneller zu laufen, aber das allein reiche heute nicht mehr, denn die Raupe bleibe immer eine Raupe.
- Transformation ist disruptiv, ein tiefgreifender multidimensionaler Wandel; dazu Köster: „Transformation ist immer eine Veränderung der Haltung, des Mindsets und der gesamten Unternehmenskultur.“ Wenn beispielsweise eine Buchhandlung ihr Ladengeschäft aufgibt und zum Online-Händler wird, also ein neues Geschäftsmodell mit neuen Prozessen einführt, dann bleibt sie keine Raupe, sondern transformiert sich zum Schmetterling. Change-Prozesse sind dabei Teil der Transformation, etwa indem Abläufe effizienter gestaltet werden.
Vitale Rolle von HR für den Geschäftserfolg
Administrative Tätigkeiten wie die Lohnverrechnung bleiben weiterhin grundlegender Teil der Personalarbeit, jedoch sollten mehr Zeit, Skills und Aufmerksamkeit in strategische Aufgaben fließen. Das unterstreicht die Studie Die vitale Rolle von Personalchefs 2025 der Organisationsberatung Korn Ferry: „CHROs (Chief Human Resource Officer) waren noch nie so wichtig für den Geschäftserfolg wie heute. Sie arbeiten eng mit CEOs zusammen, um Strategien zu entwickeln und die organisatorische Transformation voranzutreiben.“ Denn sie agieren an der Schnittstelle zwischen Geschäftsstrategie, Personalplanung und Talententwicklung und können daher Transformation stärker vorantreiben, als viele andere Managementrollen.
Aufgaben und Skills für menschenzentrierte Transformation
Als zentraler Motor für Veränderung hat Human Resources vielfältige Aufgaben, dazu zählen Begleitung von Veränderungsprozessen, Aufbau zukunftsrelevanter Kompetenzen durch Re- und Upskilling, Transformation der Führungskultur, Mitgestaltung der Organisationsstruktur. Als Change Agents fördern Personalchefs den Dialog zwischen Geschäftsführung, Führungskräften und Mitarbeitenden, adressieren Widerstände und sorgen für Orientierung. „Transformation wird so nicht nur möglich, sondern menschenzentriert erfolgreich“, folgert Kienbaum Consulting. Im CHRO-Glossar werden dafür folgende Skills genannt:
- Strategisches Denken: Personalinitiativen mit Geschäftszielen in Verbindung bringen.
- Führungskompetenz: Effektives HR-Team aufbauen, Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen.
- Analytische Fähigkeiten: Aus Daten Trends erkennen und Entscheidungen ableiten.
- Geschäftsverständnis: Wissen über Abläufe, Finanzen, Marketing verhilft zu geeigneten Personalstrategien.
- Changemanagement Skills: Anpassungsfähigkeit erhöhen und gleichzeitig Mitarbeitermotivation erhalten.
Exkurs: Psychologie des Widerstands
Wir Menschen bevorzugen zumeist das Gewohnte und Bekannte denn – so erklärt es die Neurowissenschaft – es ist unser Gehirn, das Routinen liebt: Das limbische System, zuständig für Emotionen, reagiert auf Veränderungen mit Alarm, weil aus der Evolutionsgeschichte hergeleitet bedeutete Unbekanntes früher eine potenzielle Gefahr. Diese Schutzfunktion behindert heute die notwendigen und häufigen Veränderungsprozesse in Unternehmen, indem die Belegschaft mit Widerstand reagiert.
Den Wandel bzw. Veränderungen möglichst erfolgreich zu managen bedeutet daher immer, bei den Menschen in der Organisation anzusetzen und hier bekommt die Personalabteilung mit ihrem menschenzentrierten Ansatz ihre zentrale Rolle.
Mit Expertise für People-Themen gelingt Veränderung
Veränderungsprojekte bedeuten, die eigene Komfortzone verlassen zu müssen. Sie gelingen dann, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dahinterstehen, denn sie müssen ja in Zukunft tagtäglich mit den neuen Prozessen arbeiten. So sollten Sie vorgehen:
- Problembewusstsein schaffen und die Dringlichkeit der Veränderung zeigen.
- Akzeptanz erreichen, dazu gehört mit Widerständen konstruktiv umzugehen, sie als Chance sehen. Nicht nur die lauten Stimmen hören, sondern auch „unter die Oberfläche“ schauen.
- Veränderungsmaßnahmen gemeinsam vorbereiten, Visionen erarbeiten, transparent und offen kommunizieren, für benötigte Kompetenzen mit Re- oder Upskilling sorgen.
- Umsetzen und stabilisieren, damit die neuen Prozesse in den Alltag übergehen.
Nichts ist so beständig wie der Wandel?
Sprüche über Wandel und notwendige Veränderung gibt es wie Sand am Meer, besonders im beruflichen Umfeld. Und die Top-Transformationsthemen 2025 vermitteln, dass sich die Wirtschaft im Feuerlöschmodus befindet: 87% der befragten Unternehmen nennen Digitalisierung, 74% Prozessoptimierung, 73% Kosten senken, 67% KI. Dagegen verlieren langfristige Strategien an Bedeutung, wie Nachhaltigkeit mit 66% (2023: 83%) oder Diversität mit 29% (2023: 54%).
Angesichts des Feuerlöschmodus ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem Gefühl von permanenter Veränderung leben und diese mangelnde Stabilität erzeugt Unsicherheiten: von Kontrollverlust und Stress bis zur Angst um den eigenen Job. Die Anforderung, sich selbst, die eigene Arbeitsweise und/oder die Organisation permanent verändern zu müssen, kann zu Change Fatigue führen und dies zu Resignation, Frustration bis zum Scheitern von Change-Projekten. Auch hier braucht es HR mit menschenzentriertem Fokus und Expertise.
Eine Pause tut mal gut
„Take a Pause for the Cause (Machen Sie für die Sache eine Pause)” empfiehlt daher die Unternehmensberaterin Dawn-Marie Turner, denn Pausen schaffen Stabilität. Führungskräfte und ihre Teams können sich mit umgesetzten und angestrebten Ergebnissen auseinandersetzen, sich auf notwendige Tätigkeiten neu fokussieren und Energien tanken. Dazu Turner: „Ein Schlüssel zur Vermeidung von Veränderungsmüdigkeit liegt darin, Veränderungsbemühungen mit Stabilität in Einklang zu bringen. Ohne Stabilität führt Veränderung zu Chaos.“
Diese Fragen helfen, die geplanten Pausen gut zu nutzen:
- Tragen die Veränderungen zur Gesundheit und zum Wachstum meines Unternehmens bei oder erzeugen sie Veränderungsmüdigkeit?
- Wie passt diese Veränderung zu anderen Veränderungsinitiativen im Unternehmen?
- Wie reagieren Mitarbeitende und Führungskräfte auf die Veränderungen?
- Welche zusätzliche Unterstützung wird benötigt, um das Unbehagen zu reduzieren und die Akzeptanz der neuen Verhaltensweisen und Aktivitäten zu ermöglichen?
- Was waren unsere bisherigen Erfolge? Was bleibt eine Herausforderung?