2 Faktoren gegen Ghosting im Recruiting

Plötzlich wird der Bewerbungsprozess abgebrochen – das kommt häufiger vor, als viele glauben. Und es kostet Geld. Wir analysieren, warum Ghosting passiert und mit welchen Maßnahmen HR-Teams dies möglichst vermeiden können.

Ohne Vorwarnung weg

Der Begriff Ghosting ist vom englischen „ghost“ abgeleitet und bezeichnet bildhaft, wenn ein Kontakt abrupt und ohne Begründung von einer Seite abgebrochen wird. Der Abbruch ist vollständig und mögliche Kontaktversuche der anderen Seite sind erfolglos. Dieses Phänomen kann in verschiedensten Beziehungen auftauchen, immer öfter hört man jedoch von Ghosting im Umfeld von Human Resources und dabei gibt es zwei Varianten:

  • Unternehmen geben keine Rückmeldung auf eine Job-Bewerbung oder
  • Jobsuchende brechen ohne Erklärung den Bewerbungsprozess ab, bzw. manche erscheinen trotz Vertrags nicht am ersten Arbeitstag.

Ghosting ist verbreitet, sowohl seitens der Arbeitgeber …

Die Erfahrungen der Jobsuchenden hat eine aktuelle Studie des Job-Portals karriere.at untersucht und die Zahlen sind hoch:

  • 84 % waren schon von Ghosting im Bewerbungsprozess betroffen
  • 77 % waren sogar schon mehrmals betroffen.

Aufschlussreich sind auch die Reaktionen der Jobsuchenden:

  • 42 % halten dieses Vorgehen für unprofessionell und verlieren das Interesse an dem Job
  • 28 % nehmen es zur Kenntnis
  • nur 17 % fragen im Unternehmen nach.

… als auch seitens der Jobsuchenden

Dass auch Unternehmen von Ghosting betroffen sind, hat eine Umfrage von Stepstone ermittelt:

  • 70 % der Personalverantwortlichen sagten, dass sie in den letzten zwölf Monaten von Jobsuchenden geghostet worden sind.
  • Dabei haben sich 27 % der Bewerbenden nach Einreichung der Bewerbungsunterlagen nicht mehr zurückgemeldet und 26% nach dem ersten persönlichen oder digitalen Gespräch.

Fehleranalyse: Zeit- und Ressourcenmangel

Ghosting seitens des Unternehmens ist unhöflich und wirkt unprofessionell, das kann sich negativ auf die Arbeitgebermarke auswirken. HR-Teams tun zweifellos ihr Bestes, jedoch sie stehen verstärkt unter Druck, möglichst schnell die passende Kandidatin oder den passenden Kandidaten für eine offene Stelle zu rekrutieren. Gleichzeitig fehlt es ihnen häufig an Zeit und Ressourcen, das zeigt die bereits erwähnte Studie von karriere.at, wo HR-Teams nach den Gründen für Ghosting befragt worden sind:

  • 40 % bestätigten, es sei schon vorgekommen, dass Jobsuchende keine Rückmeldung auf ihre Bewerbung erhalten haben
  • 38 % begründeten dies mit Zeit- und Ressourcenmangel
  • 20 % hatten keine Rückmeldung der zuständigen Führungskraft erhalten
  • 20 % hielten den Kandidaten oder die Kandidaten für offensichtlich ungeeignet
  • 15 % gaben an, keinen internen Prozess für Absagen zu haben.

Keine Frage, jede verpasste Chance, die etwa durch unbeabsichtigtes Nicht-Antworten entsteht, verursacht Kosten und schmerzt, speziell angesichts des Arbeitskräftemangels. Doch Sie können Abhilfe schaffen, indem Sie den Recruiting-Prozess mit digitaler Unterstützung verbessern. Sezen Sie dabei auf zwei Faktoren: Transparenz durch offene Kommunikation und Geschwindigkeit durch zeitnahe Reaktionen. Dabei helfen die folgenden Maßnahmen und Tipps.

Faktor 1: Mit Transparenz gegen Ghosting

  • Bevor ein Job-Inserat geschaltet wird, sollte HR intern für klare Kriterien sorgen: Wie ist die Job-Description, welche Skills erwartet sich die Abteilung, wo eine Stelle besetzt werden soll?
  • Informieren Sie die Jobsuchenden gleich zu Beginn, welche Schritte der Bewerbungsprozess umfasst. So können diese sich besser orientieren und wissen, dass ihre Bewerbung bearbeitet wird.
  • Achten Sie, dass der Bewerbungsprozess einfach und verständlich gestaltet ist, damit Sie niemanden auf dem Weg verlieren.
  • Kommunizieren Sie immer wertschätzend und respektvoll. Besonders gilt das im Fall einer Absage, denn: man trifft sich immer zweimal.
  • Halten Sie die Kommunikation auch zwischen Job-Zusage und erstem Arbeitstag aufrecht, etwa indem Sie vorab Unterlagen versenden und über den Onboarding-Prozess informieren. So zeigen Sie der neuen Mitarbeiterin oder dem neuen Mitarbeiter, dass sie willkommen sind.
  • Bitten Sie die Jobsuchenden um Feedback: Wie ist das Recruiting verlaufen, wo gibt es Verbesserungspotenzial?

Faktor 2: Mit Geschwindigkeit gegen Ghosting

  • Antworten Sie zeitnah auf den ersten Kontakt seitens der Kandidatin oder des Kandidaten. Geben Sie dabei auch den Zeitraum oder Zeitpunkte an, wann mit welchen Schritten, mit einer Antwort und/oder Entscheidung gerechnet werden kann. In diese Planung sollten Sie auch Fachabteilungen einbinden, damit diesen die Dringlichkeit bewusst ist und lange Wartezeiten auf Bewerbungsgespräche vermieden werden.
  • Versenden Sie zwischendurch Updates, so wissen die Jobsuchenden was gerade passiert und das schafft Vertrauen. Sollte sich ein zuvor genannter Entscheidungstermin verschieben, so informieren Sie proaktiv darüber.
  • Nutzen Sie eine Personal-Software für strukturierte Aufgaben. Damit können Sie automatisierte Bestätigungen, Updates, Erinnerungen oder Info-Mails versenden; so stellen Sie sicher, dass auf keinen Schritt oder Termin vergessen und der Kontakt gehalten wird.
  • Matching-Tools können Sie bei der Vorauswahl unterstützen, das spart Zeit.
  • Ebenso können Sie mit einer SW-Lösung die interne Kommunikation im Recruiting-Prozess verbessern, wenn beispielsweise Führungskräfte eingebunden werden sollen.

Trotz aller Struktur, Effizienz und den Geschwindigkeitsvorteilen, welche die digitale Kommunikation bringt, sollten Sie bedenken, dass diese auch Distanz schafft. Ein Chat oder eine Mail kann nie ein Gespräch ersetzen; das gilt umso mehr, wenn es um ein wichtiges Thema im Rahmen der Bewerbung geht. Nutzen Sie daher die Zeit, die Sie mit Hilfe von automatisierten Aufgaben gewinnen, für persönliches Kennenlernen. In einem Gespräch können etwaige Unklarheiten oder Bedenken der Jobsuchenden besser geklärt und so proaktiv Ghosting vorgebeugt werden.

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