Warum die Dienstwohnung gerade jetzt zur attraktiven Option wird

Wie Sie aus zwei Mängeln eine Win-Win-Situation schaffen können, erfahren Sie hier. Ergänzt durch rechtliche und steuerliche Informationen zur Dienstwohnung.

Alle spüren es: die Wohnkosten steigen

Wie wohnt Österreich und wie sieht es mit den Ausgaben dafür aus? In der Publikation „Wohnen“ der Statistik Austria werden folgende Zahlen zusammenfassend genannt: Von den insgesamt 4,02 Millionen Hauptwohnsitzwohnungen in Österreich wurden im Jahr 2021 knapp die Hälfte in Eigentum (Haus oder Wohnung) und 43 % in Haupt- oder Untermiete bewohnt. Die übrigen 9 % entfallen auf verschiedene mietfreie Wohnverhältnisse sowie Dienst- und Naturalwohnungen. Die Hälfte der österreichischen Privathaushalte gibt bis zu 15 % ihres Haushaltseinkommens für das Wohnen aus, ein Viertel muss 24 % oder mehr für das Wohnen aufwenden.

Besonders ins Gewicht fallen bei den Ausgaben fürs Wohnen seit einem Jahr die Energiekosten, die aktuellen Zahlen liefert der Energiepreisindex der Österreichischen Energieagentur: Im Jahresvergleich Februar 2023 gegenüber Februar 2022 stiegen die Preise für Haushaltsenergie um 30,5 %. Spitzenreiter bei der Teuerung ist die Fernwärme, wo sich die Kosten fast verdoppelt haben, gefolgt von Brennholz (Steigerung um 77%), Pellets (74%) und Erdgas (67,7%).

Wohnraummangel trifft auf Fachkräftemangel

Die Wohnkosten steigen besonders in den Ballungsräumen. Junge Menschen, die in den Beruf einsteigen, aber auch Arbeitskräfte, deren Gehalt im Mittelfeld oder darunter liegt, können sich aufgrund von Preissteigerungen im Immobiliensektor und bei den Energiekosten adäquaten Wohnraum schwerer leisten.

Dazu kommt ein zweiter Mangel, nämlich der Fachkräftemangel; ein Ende ist derzeit nicht abzusehen, sondern er verschärft sich weiterhin. So meldet die aktuelle Studie Mittelstandsbarometer von EY: „67 Prozent der österreichischen Unternehmer:innen sehen den Fachkräftemangel als enormes Risiko für die Zukunft des Betriebs. 51 Prozent der österreichischen Betriebe verlieren Umsätze wegen fehlender Mitarbeiter:innen.“

Aus zwei Mängeln eine Chance machen

Kreative Lösungen sind also dringend gefragt und die gibt es: Unternehmen, die sowohl den Fachkräftemangel als auch den Wohnraummangel bedenken, könnten damit die Chance ergreifen, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Denn begehrte Fachkräfte rechnen sich aus, wie viel nach der Miete von ihrem Gehalt übrigbleibt. Wenn der potenzielle Job mit einer preiswerten Dienstwohnung verbunden ist, so kann dies das Arbeitgeber-Image aufwerten.

Unter dem Titel „Comeback der Werkswohnung“ schrieb die Wirtschaftswoche bereits vor zwei Jahren, dass Unternehmen in Deutschland begonnen haben, ihre Fachkräfte mit günstigem Wohnraum zu locken. Darunter die Deutsche Bahn, die 240 Mitarbeitenden eine bezahlbare Wohnung verschafft habe, davon seien allein 70 in München untergekommen, einem der teuersten Immobilienmärkte Deutschlands. Nicht nur Konzerne denken darüber nach, berichtet ganz aktuell die Deutsche Tagesschau mit ihrem Beitrag „Dienstwohnung gegen die Personalnot“: In der Hotellerie seien Dienstwohnungen schon lange üblich, doch auch für andere Branchen werde es lohnender, darüber nachzudenken. Etwa auch wenn es darum gehe, qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben. Dienstwohnungen können oft eine Übergangslösung sein, bis jemand eine eigene Bleibe gefunden hat.

Wohnen statt pendeln

Teuer geworden ist, angesichts der Energiekrise, auch das Pendeln. Zusätzlich sehen viele Menschen einen täglichen langen Arbeitsweg auch als Verlust an Zeit und Lebensqualität. Um Abhilfe zu schaffen, geht einerseits der Trend zum Home-Office, doch das ist nicht für alle Tätigkeiten möglich. Für all jene, die vor Ort im Betrieb arbeiten müssen, sei es im Tourismus, in der Produktion oder in sozialen Berufen, bietet eine Dienstwohnung eine gute Option. Das kann sowohl saisonale oder projektbezogene abgegrenzte Jobs betreffen, als auch zeitlich unbegrenzte Tätigkeiten.

Was rechtlich zu wissen ist …

Unter „Dienstwohnung“ liefert das Rechtswörterbuch des Österreichischen Rechtsanwaltskammertag folgende Information: „Der Dienstgeber stellt dem Dienstnehmer eine Wohnung zur Verfügung. Mit der Beendigung des Dienstverhältnisses erlischt auch das Recht auf die Dienstwohnung ohne mietrechtlichen Kündigungsschutz.“ Das Mietrechtsgesetz (MRG) ist auf Dienstwohnungen nicht anwendbar und die Arbeiterkammer erklärt dazu: Dienstwohnungen gehören zur Kategorie Mietverhältnisse Typ 1 wo das MRG nicht zur Anwendung kommt, d.h. sie fallen aus dessen Schutzbereich heraus und sind vom Vermieter frei kündbar. Grund für diese Regelung ist der Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, daher gelten nicht die Schutzbestimmungen des MRG, sondern der zugrundeliegende Arbeitsvertrag.

… und steuerlich

Wenn Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter von ihrem Arbeitgeber eine Dienstwohnung kostenlos oder verbilligt zur Verfügung gestellt bekommen, löst dies eine Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht aus. Denn es handelt sich hier um einen Sachbezug, also einen Vorteil aus ihrem Dienstverhältnis, der nicht aus Geld besteht. Für die Bewertung des Wohnraums gelten pro Bundesland unterschiedliche Richtwerte pro Quadratmeter. Für die Variante der arbeitsplatznahen Unterkünfte, die der Arbeitgeber (kostenlos oder verbilligt) zur Verfügung stellt, wobei diese Unterkunft aber nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet, gibt es eine Erleichterung: Bis zu einer Größe von 30m² ist kein Sachbezug anzusetzen.

Die Richtwerte ab 1.1.2023 sowie Berechnungsvarianten finden Sie bei der WKO unter Sachbezüge – Lohnsteuerliche Behandlung im Abschnitt Dienstwohnung; spezielle Regelungen gibt es für die Variante Sachbezug bei Überlassung einer Dienstwohnung an mehrere Dienstnehmer .

Job + Dienstwohnung = attraktiver Arbeitgeber

Eine Dienstwohnung ist ein zusätzlicher Benefit, der eine Entscheidung für die Annahme einer ausgeschriebenen Stelle befördern kann. Aus Sicht der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters muss die Wohnung zwar beim Wechsel des Arbeitgebers geräumt werden, allerdings werden Dienstwohnungen ja oft auf Zeit bezogen: für ein Projekt, eine Saison oder um in einer Stadt Fuß zu fassen, bis die geeignete Wohnung für sich und/oder die Familie gefunden ist. Je nach Fachkräftebedarf, Standort und Tätigkeit des Unternehmens kann es daher eine Win-Win-Situation sein, diese Möglichkeit für Job plus leistbares Wohnen anzubieten und sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

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