Die KI arbeitet mit
Im Kundenservice beantwortet der Chatbot allgemeine Kundenanfragen zu Produkten und Vertragsvarianten. Die Geschäftsleitung analysiert Trends und Entwicklungen mit KI-Unterstützung. Die Marketingabteilung feilt mit Unterstützung von ChatGPT an Slogans und Broschüren für die neue Werbekampagne. Das HR-Team nützt KI für Job-Annoncen, um potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten auf den passenden Kanälen anzusprechen. Wer sich umhört, stellt fest: KI-Tools sind in kurzer Zeit zum regelmäßig genutzten Werkzeug geworden.
Bereits 26% der heimischen Firmen nützen KI …
- Jedes vierte Mittelstandsunternehmen setzt bereits auf Künstliche Intelligenz, hat die EY-Studie Digitaler Wandel Österreichischer Unternehmen 2025 ergeben.
- Vorreiterbranchen sind Finanz- & andere Dienstleistungen mit 35 Prozent, gefolgt von der Industrie mit 31 Prozent.
- Dabei geben über 70 Prozent der Nutzenden an, dass KI-Anwendungen ihre Arbeit erleichtert oder sogar verbessert haben.
… aber große Mehrheit kennt KI-Regulatorik nicht
Doch es gibt in der Zustimmung zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz ein großes „aber“, hat die EY-Studie ebenfalls ermittelt: Ein kritischer Punkt bei der Einführung von KI ist die Auseinandersetzung mit regulatorischen Anforderungen. Hier zeigt sich eine deutliche Schwäche:
- Knapp neun von zehn Unternehmen (88 %), die KI nutzen, haben sich noch nicht intensiv mit den gesetzlichen Vorgaben beschäftigt.
- Lediglich zwölf Prozent geben an, sich umfassend mit der Gesetzgebung auseinanderzusetzen.
Diese Nachlässigkeit wiegt doppelt: erstens sollten Arbeitskräfte über KI-Regeln Bescheid wissen, beispielswiese über ethische Fragen beim Einsatz von KI; zweitens gilt laut KI-Gesetz der EU (AI-Act) bereits die KI-Kompetenzverpflichtung.
KI-Gesetz kurz erklärt
Das KI-Gesetz der EU ist ein Meilenstein, weil es weltweit das erste derartige Regelwerk ist. Es verpflichtet Anbieter und Betreiber von KI-Systemen und KI-Modellen, dass sie KI-generierte Inhalte kennzeichnen müssen. KI-Anwendungen sind in Risikoklassen eingeteilt, die unterschiedlichen Auflagen gehorchen müssen; auch ein Verbot ist möglich, etwa wenn Systeme Menschen nach ihren politischen oder religiösen Überzeugungen kategorisieren (Stichwort Social Scoring). Die EU will damit sicherstellen, dass die Bevölkerung in Europa beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz darauf vertrauen kann, dass risikoreiche Anwendungen kontrolliert und ggf. auch verboten werden.
Wissenswerte Fristen
Am 1. August 2024 ist das KI-Gesetz in Kraft getreten. Zwei Jahre später soll es in vollem Umfang anwendbar sein. Einige Bereiche haben jedoch frühere Fristen: Das Verbot von KI-Systemen, die unannehmbare Risiken darstellen, gilt seit dem 2. Februar 2025. Ebenso ist die KI-Kompetenzverpflichtung ab 2. Februar 2025 in Kraft getreten.
Für wen die KI-Kompetenzverpflichtung gilt
Für Arbeitgeber bzw. die Personalabteilung ist relevant, dass seit 2.2.2025 laut Artikel 4 die KI-Kompetenzverpflichtung gilt. Einfach gesagt bedeutet dies: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen wissen, wofür sie KI-Anwendungen einsetzen und wie sie damit umgehen können. Das betrifft:
- mit der Entwicklung von KI betraute Personen
- mit dem Betrieb von KI-Systemen betraute Personen
- Personen innerhalb eines Unternehmens, die KI-Systeme einsetzen. So wie eingangs beschrieben können das Marketing, Kundendienst, HR oder Management sein.
Der Arbeitgeber muss Schulungsmaßnahmen organisieren, wie interne Fortbildungen oder externe Beratungen, das KI-Gesetz gibt diesbezüglich keine konkreten Vorschriften. In der Regel wird die Personalabteilung dafür verantwortlich sein.
3 Schritte zur KI-Kompetenz im Unternehmen
1 – Ist-Stand erheben:
- Welche KI-Tools werden bei uns im Unternehmen bereits eingesetzt?
- Wer ist für Updates des Ist-Status verantwortlich? Denn neue KI-Anwendungen kommen laufend dazu, sie werden z.B. mit Software-Updates eingespielt.
2 – KI-Strategie erheben und festlegen, denn Werte und Unternehmenskultur beeinflussen die strategischen Ziele, welche KI-Tools aus welchen Risikoklassen eingesetzt werden:
- Wer trifft die Entscheidungen über KI-Tools und welche Aspekte sind dabei relevant?
- Wie verhält sich der KI-Einsatz zu anderen Richtlinien wie DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) oder ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung)?
- Wie kann KI-Kompetenz bei Arbeits- und Führungskräften sichergestellt werden?
3 – Operative Umsetzung zum Erwerb von KI-Kompetenz, die Maßnahmen sind abhängig von Unternehmensstrategie und KI-Risikoklassen:
- KI-Kompetenz umfasst technische, rechtliche und ethische Kenntnisse, ebenso Risikobewusstsein und praktische Anwendungsfähigkeit – unter Berücksichtigung des jeweiligen Ausbildungsstands und Einsatzbereichs.
- Schulungsbedarf und -inhalte sind dementsprechend individuell zu definieren, wie zum Beispiel Basiswissen, Funktionsweise von KI inklusive Bias und Halluzinationen, Bewusstsein für ethische Verantwortung und Risiken schaffen, Prompting-Workshops, Urheberrecht, …
- Dokumentation der Schulungsinhalte und -zeitpunkte (nicht verpflichtend aber empfehlenswert als Nachweis für die Umsetzung von Artikel 4). Regelmäßig wiederkehrende Evaluationen und Schulungen einplanen.
TIPPs und weiterführende Infos: Detaillierter Leitfaden zur Umsetzung von KI-Kompetenz der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR). Schulungen, zertifizierte Lehrgänge von Austrian Standards. KI-Guidelines für KMU der WKO.
Vorteile der KI-Kompetenzverpflichtung
Wenn ein neues Arbeitsgerät, eine neue Maschine oder eine neue Software für das Unternehmen angeschafft wird, so ist es selbstverständlich, dass die davon betroffenen Arbeitskräfte entsprechend geschult werden. Das neue Werkzeug KI kam in Form von ChatGPT kostenlos und „quasi über Nacht“, ob privat oder im Business, alle probierten damit herum und eigneten sich mehr oder weniger Wissen an.
Die nunmehrige Verpflichtung zu KI-Kompetenzschulungen bringt Ordnung in das Herumprobieren und bringt Unternehmen viele Vorteile:
- Innovation und Effizienz: Wer die besseren Prompts schreiben kann oder weiß, wo KI am besten unterstützt, kann das Potenzial gezielt nützen.
- Vertrauen und Sicherheit im Umgang: Jede neue Technologie weckt Hypes und genauso Ängste. Wer weiß wie KI-Algorithmen funktionieren, ist eher bereit, diese auch zu nützen.
- Compliance und Image: KI ist zweifellos ein mächtiges Werkzeug. Wer rechtzeitig in KI-Strategie und Schulungen investiert und das auch offen nach innen und außen kommuniziert, vermeidet mögliche spätere Schäden oder Strafen und sorgt für ein verantwortungsbewusstes Unternehmensbild in puncto KI-Technologie.