Zwischen Faszination und Herausforderung
Künstliche Intelligenz eröffnet vielfältige Einsatzmöglichkeiten, auch in Human Resources. Man kann damit sowohl Ressourcen sparen, als auch die Qualität von Prozessen verbessern, etwa bei umfangreichen Auswertungen wo eine Maschine schneller ist. Das Potenzial dieser Technologie fasziniert und verständlicherweise wird viel ausprobiert. Künstliche Intelligenz bringt jedoch gleichzeitig Herausforderungen mit sich, besonders für Human Resources, schließlich steht hier der Mensch im Mittelpunkt. Ebenso mitbedacht werden muss der AI-Act (AI-Gesetz der EU), womit die EU als Vorreiterin die weltweit erste umfassende Regelung für den Einsatz von KI geschaffen hat. Viele Personalverantwortliche stellen sich daher die Frage, wie sie diesen Spagat zwischen Technik, Recht und Mensch erfüllen können.
Studie über KI-Einsatz in Österreichs HR-Abteilungen
Diesen Fragen zum KI-Einsatz im Personalwesen hat sich die soeben veröffentlichte Studie Künstliche Intelligenz im Human Resource Management vor dem Hintergrund des Europäischen AI Acts gewidmet. Die Grundlage dieses Berichts bildet eine repräsentative Befragung von Personal-Führungskräften in rund 7000 Unternehmen mit mehr als 50 Angestellten in Österreich; durchgeführt im November und Dezember 2024 von der Servicestelle für Künstliche Intelligenz in der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR). Die KI-Servicestelle der RTR unterstützt Unternehmen und die Öffentlichkeit bei der Umstellung auf KI mit Fachinformationen, Beratung und Studien.
Wie und warum die Personaler KI nutzen
Die Studie hat ermittelt, für welche Bereiche und mit welchen Zielen heimische Unternehmen KI im Personalmanagement einsetzen. Wesentliche Ergebnisse daraus sind:
- Etwa zwei Drittel der Firmen setzt KI im Bereich HR ein; dabei machen Unternehmensgröße oder -alter keinen Unterschied. (siehe auch Ergebnisse in der Studie Punkt 3.1)
- Top 3 Einsatzbereiche sind: Administrative Routineaufgaben (27%), Recruitment (23%), internes Wissensmanagement (17%). (Studie 3.2)
- Top 3 Einsatzbereiche im Recruitment: Erstellen von Stellenanzeigen (66%), Schalten von zielgruppenspezifischen Stellenanzeigen (52%), Bewerbervorauswahl, -beurteilung (25%). (Studie 3.3)
- 39% der Unternehmen setzen KI nur in einem Bereich ein, nur rund 1% in 7-10 Bereichen; 30% setzen KI in gar keinem Bereich ein. (Studie 3.4)
- Kosteneinsparungen sind mit 47% der wichtigste Treiber für den Einsatz von KI, gefolgt von weniger Fehler (36%) und besserer Prozess- und Servicequalität (31%). Dagegen sind bessere datengestützte Entscheidungsgrundlagen mit 13% ganz hinten. (Studie 3.5)
- Als Anbieter der KI-Anwendung nennen 34% ChatGPT, 11% Microsoft. (Studie 3.10)
Verantwortungsbewusster Einsatz erforderlich
Im Vorwort zur Studie auf Seite 4 schreibt die RTR: „Gerade in Anbetracht der potenziellen Auswirkungen, die der Einsatz von KI auf Karriereaussichten, Lebensgrundlagen und Arbeitnehmerrechte haben kann, ist die Einstufung in der KI-Verordnung, Systeme in den Bereichen „Beschäftigung, Personalmanagement und Zugang zur Selbstständigkeit“ als Hochrisiko-KI-Systeme zu bezeichnen, gut nachvollziehbar. Für einen vertrauensvollen und sicheren Einsatz sind begleitende Maßnahmen wesentlich, die den verantwortungsbewussten Einsatz von KI garantieren. Dabei geht es beispielsweise um Einhaltung von Informationspflichten gegenüber der Arbeitnehmervertretung, die Sicherstellung menschlicher Aufsicht und weiterer Begleitmaßnahmen.“
Wie über den Einsatz von KI entschieden und informiert wird
- Als Barriere beim KI-Einsatz werden Bedenken zu Datenschutz- und Privatsphäre mit 40% am häufigsten genannt, gefolgt von Mangel an Expertise im Unternehmen mit 30%. Dagegen werden mögliche Diskriminierung (14%) und hohe Kosten (12%) kaum als Barriere gesehen. (Studie 3.13)
- KI-Anwendungen haben Zugriff auf folgende Daten: Texte sind die wichtigste Quelle mit 54%, jedoch auch Mitarbeiterdaten werden oft genutzt: 18% Daten aus ERP, CRM oder anderen, 17% aus Kalendern und Zeiterfassung, 16% Leistungsstatistiken des Personals. (Studie 3.14)
- Maßnahmen zum Einsatz von KI: 34% nutzen Mitarbeiterschulungen oder Richtlinien, 22% informieren die betroffenen Personen, 16% haben ein Qualitäts- und Risikomanagement für KI, nur 10% überprüfen mögliche Diskriminierungen hinsichtlich Alter, Geschlecht oder Behinderung, nur 9% informieren Bewerber:innen über den Einsatz von KI im Recruitment, nur 8% haben Regeln zur menschlichen Aufsicht. (Studie 3.15)
- Bei der KI-gestützten Leistungsbeurteilung von Beschäftigten wurden diese in 56% der Fälle darüber informiert, 31% wurden nicht darüber informiert. (Studie 3.18)
- Stakeholder und ihre Einbindung: 69% der Unternehmen haben Datenschutzbeauftragte, 24% Gleichbehandlungsbeauftrage, 16% KI-Beauftragte. (Studie 3.17). Bei der Gestaltung von KI-Anwendungen für Recruitment wurden diese Beauftragten nur zu 37% einbezogen, beim Thema Leistungsbewertung zu 55%. (Studie 3.20)
In diesem Zusammenhang schreibt Rechtsanwalt und Universitätslektor Andreas Tinhofer in der Studie ab Seite 30 einen Gastbeitrag über „Chancen, Risiken und neue Spielregeln“. Dabei erinnert er an die seit Februar 2025 geltende Bestimmung zur KI-Kompetenz; ebenso empfiehlt er, Spielregeln für eine verantwortungsvolle Nutzung von KI-Tools schriftlich festzulegen. Die Auseinandersetzung mit den Chancen und Risiken dieser Technologie fördere die KI-Kompetenz und die Bereitschaft zur Einhaltung der einschlägigen Richtlinien.
KI im Recruitment
Etwa die Hälfte der befragten Firmen wird im nächsten Jahr mehr KI einsetzen (Studie 3.26). Personalbeschaffung steht als Einsatzbereich nach Administration mit 23% an zweiter Stelle (Studie 3.2). Lesenswert ist in diesem Zusammenhang der Gastbeitrag von Prof. Theresia Köszegi, Institutsvorständin für Managementwissenschaften, in der Studie ab Seite 42 über „KI im Recruiting auf dem Prüfstand“. Darin diskutiert sie die Frage, wie wir KI-Technologien gestalten und einsetzen sollen, um die Welt zu einem besseren Ort für alle Menschen zu machen. Eine Frage, die gerade Personalverantwortliche beim Einsatz von KI interessiert und beschäftigt. Köszegi schreibt über die vermeintliche Objektivität von KI-Technologie, zitiert dazu Studien und folgert daraus, dass KI als Unterstützung viel leisten kann, der Mensch gegenüber der Maschine aber nie seine Kompetenz und Autonomie verlieren darf.
Entscheidet der Mensch oder die Maschine?
Die Frage der menschlichen Aufsicht und damit der menschlichen Autonomie ist beim KI-Einsatz ein Schlüsselkriterium. Gibt es eine wirksame Kontrolle durch zumindest eine qualifizierte Person im Unternehmen, sollte hier mehr gemacht werden oder wird eine Überwachung als nicht nötig angesehen – dazu einige Antworten der befragten HR-Verantwortlichen, mehr siehe Studie 3.16:
- Der Einsatz von KI wird beim Schalten von zielgruppenspezifischen Stellenanzeigen von zumindest einer Person überwacht (61%), Überwachung nicht nötig (15%), gibt Aufholbedarf bei Überwachung (12%).
- Der Einsatz von KI wird bei Bewerberauswahl oder -beurteilung von zumindest einer Person überwacht (40%), Überwachung nicht nötig (38%), gibt Aufholbedarf bei Überwachung (17%).
- Der Einsatz von KI wird bei der Vergütungsberechnung oder -empfehlung von zumindest einer Person überwacht (44%), Überwachung nicht nötig (13%), gibt Aufholbedarf bei Überwachung (31%).
Fazit: Festlegen, wofür wir KI nutzen wollen und wofür nicht
Die Studie zeigt, dass Künstliche Intelligenz ihren Platz in den heimischen HR-Abteilungen gefunden hat. Weder blindes Vertrauen, noch übersteigerte Ängste sind bei neuen Technologien hilfreich. Entscheidend ist jedoch Bewusstseinsbildung, etwa in Bezug auf Transparenz beim Einsatz von KI, Erkennen möglicher Diskriminierungen, Festlegen von Nutzungsregeln oder menschlicher Kontrolle; speziell gilt das im Personalwesen. Insofern ist die Förderung der KI-Kompetenz, die laut AI-Act seit 2.2.2025 erforderlich ist, eine wichtige Maßnahme.
Letztendlich gilt, was immer wieder in Expertendiskussionen betont wird: Künstliche Intelligenz ist eine Technologie und per se weder gut, noch böse. Es kommt darauf an, was wir daraus machen.
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