Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Die vorherrschende Diskriminierung bei den Gehältern führt zu weniger Einkommen und Altersarmut von Frauen. Die EU möchte das mit der neuen Richtlinie ändern. Lesen Sie, was welche Unternehmen tun müssen und warum es Vorteile bringt, früher damit zu beginnen.

Was derzeit (noch) gilt

In Österreich sind die Regelungen im Gleichbehandlungsgesetz unter §3 Z 2 GlBG festgeschrieben, welches besagt: Die Diskriminierung bei Festsetzung des Entgelts ist verboten. Zum Nachweis sind laut §11a GlBG Arbeitgeber mit mehr als 150 Beschäftigten verpflichtet, dazu müssen sie folgende anonymisierte Daten alle zwei Jahre melden:

  • Anzahl der Frauen bzw. Männer nach Verwendungsgruppen,
  • wenn verfügbar die Anzahl der Frauen bzw. Männer in den Verwendungsgruppenjahren,
  • Durchschnitts- oder Medianarbeitsgeld von Frauen bzw. Männern in den Verwendungsgruppen und -jahren.

Wie wir im ersten Teil gesehen haben, ist dies nicht genug, denn Österreich liegt im Vergleich zum EU-Vergleich an vorletzter Stelle, d.h. hierzulande gibt es den zweithöchsten Gender-Pay-Gap.

Je früher, desto vorteilhafter für Arbeitgeber

Das Recht auf gleiches Entgelt für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ist in Artikel 157 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der EU) und in der Richtlinie 2006/54/EG über gleiches Entgelt verankert. So wie alle Mitgliedstaaten muss daher auch Österreich die EU-Richtlinie zur Lohntransparenz bis 7.6.2026 in nationales Recht umgesetzt haben. Unternehmen ab 100 Beschäftigte unterliegen danach – je nach Größe gestaffelt – einer regelmäßigen Berichtspflicht.

Für Arbeitgeber bietet die EU-Richtlinie die Chance, einen Gender Pay Gap zu erkennen, die Gründe zu analysieren und alle Unterschiede zu beseitigen, die nicht objektiv begründbar sind. Dabei gilt: je früher, desto besser. Unternehmen, welche die EU-Richtline früher als gesetzlich vorgeschrieben umsetzen, haben einen Wettbewerbsvorteil: Denn wer sein geschlechterspezifisches Lohngefälle kennt, kann Entgeltsysteme und HR-Prozesse transparent und fair gestalten und sich damit auf dem angespannten Job-Markt als attraktiver Arbeitgeber positionieren. Sehen wir uns im Detail an, was neu geregelt wird.

Was umfasst das Recht auf Gehaltsinformationen

In der bis jetzt geltenden Regelung in Österreich müssen nur Jahresgesamtgehälter vorgelegt werden, es gibt beispielsweise keine Aufschlüsselung in Entgeltbestandteile oder keine Details zu Vergleichsgruppen. Die neue Richtlinie sieht vor:

  • Auskunftsrecht: Beschäftigte haben das Recht, Auskunft über die durchschnittlichen Entgelthöhen – aufgeschlüsselt nach Geschlecht – für ihre relevante Arbeitsgruppe zu erhalten; ebenso eingeschlossen in das Auskunftsrecht sind Informationen über Gruppen, die die gleiche oder gleichwertige Arbeit wie sie selbst verrichten.
  • Kriterien für gleichwertige Arbeit: Bis jetzt war nicht genau definiert, was gleicher Lohn für gleiche Arbeit bedeutet, das soll sich ändern: Beschäftigte bekommen Zugang zu den objektiven und geschlechtsneutralen Kriterien, die zur Bestimmung des Entgelts und der Laufbahnentwicklung herangezogen werden. Objektive geschlechtsneutrale Kriterien sind z.B. Kompetenzen, Belastungen, Verantwortungen oder Arbeitsbedingungen -> künftig werden also auch psychosoziale Kriterien berücksichtigt, etwa wenn jemand ständig Kontakt mit Kundenbeschwerden hat und dabei freundlich sein muss oder wenn jemand mehrere Aufgaben parallel erledigen muss.
  • Rechte auch für Arbeitssuchende: In der Stellenausschreibung oder während des Vorstellungsgesprächs müssen Bewerberinnen und Bewerber über das Einstiegsgehalt oder die Entgeltspanne der ausgeschriebenen Stelle informiert werden; (Anmerkung: Das geht weit über die derzeitigen Angaben wie Mindestentgelt und Überzahlungsbereitschaft hinaus). Arbeitgeber dürfen außerdem Bewerberinnen oder Bewerber künftig nicht mehr nach ihrem früheren Gehalt, bzw. der Lohnentwicklung fragen.

So erfüllen Sie die neue Berichtspflichten

Die Entgeltberichte müssen künftig von allen Unternehmen in gleicher Form an ihre nationale Behörde geliefert werden, denn nur so kann überprüft und innerhalb von Branchen oder auch darüber hinaus verglichen werden. Die Berichtspflicht gilt:

  • für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten ab 7.6.2027 und dann jährlich
  • für Unternehmen mit 150 bis 249 Beschäftigten ab 7.6.2027 und dann alle drei Jahre
  • für Unternehmen mit 100 bis 149 Beschäftigten ab 7.6.2031 und dann alle drei Jahre.

Artikel 9 der Richtlinie legt detailliert fest, welche Zahlen berichtet werden müssen, um Transparenz für die Betroffenen zu ermöglichen: u.a. das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle, das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle bei ergänzenden oder variablen Bestandteilen, dazu wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diese erhalten.

Wird im Bericht ein Lohngefälle von mehr als 5 Prozent festgestellt, das nicht durch objektive, geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt werden kann, müssen die Unternehmen Maßnahmen ergreifen: Dies erfolgt in Form einer gemeinsamen Entgeltbewertung, ggf. in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat.

TIPP: Natürlich ist es auf den ersten Blick eine Herausforderung, die benötigten Zahlen zu ermitteln. Mit technischer Unterstützung können diese Anforderungen jedoch gut gelöst werden. Empfehlenswert ist daher, sich rechtzeitig mit dem Anbieter der Lohn-Software kurzzuschließen: Welche benötigten Auswertungen können von ihm künftig zur Verfügung gestellt werden.

Das sollten Sie auf rechtlicher Seite wissen

Diskriminierung bezieht sich in der Richtlinie nicht nur auf das Geschlecht, sondern auch auf ethnische Zugehörigkeit, Sexualität und Menschen mit Behinderungen.

  • Wer die neuen Vorschriften der EU-Richtlinie nicht einhält, muss mit Sanktionen rechnen, wie abschreckende Strafen, Nichtberücksichtigung bei öffentlichen Ausschreibungen oder Schadenersatzzahlungen an Beschäftigte, bzw. die vollständige Nachzahlung entgangener Entgelte und damit verbundener Boni oder Sachleistungen.
  • Die Beweislast im Fall von Lohndiskriminierung verlagert sich, sie liegt nicht mehr – wie bis jetzt zumeist üblich – beim Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin, sondern beim Arbeitgeber.
  • Außerdem werden Beschäftigte besseren Zugang zu Beweismitteln erhalten, so haben sie z.B. das Recht auf schriftliche Auskunft über ihr eigenes Entgelt sowie über das durchschnittliche Entgelt von Beschäftigten mit gleicher oder gleichwertiger Arbeit, aufgeschlüsselt nach Geschlecht.
  • Gerichte oder Behörden sollen mehr Befugnisse bekommen, damit Rechte gewahrt und Pflichten eingehalten werden.

Fazit: Transparente Löhne nützen allen

Das geschlechtsspezifische Lohngefälle ist hierzulande in den letzten Jahren weitgehend unverändert geblieben. Die neue EU-Richtlinie stellt daher ein wirksames Instrument gegen Lohndiskriminierung dar, das allen Beteiligten Nutzen bringen wird:

  • Arbeitgeber: Das Problembewusstsein wird auf Unternehmensseite geschärft. Mit Software-Unterstützung plus aktiver Unterstützung seitens Geschäftsleitung und Personalabteilung können Unternehmen auf Vielfalt setzen und Frauen mit transparenten Gehältern ansprechen. Denn nur der Vergleich macht sicher, ob Job und Gehaltsentwicklung halten, was sie versprechen.
  • Beschäftigte: Lohndiskriminierung ist zumeist weiblich; Frauen bekommen damit die Möglichkeit, dagegen vorzugehen.
  • Gesellschaft: Gleicher Lohn für gleiche bzw. gleichwertige Arbeit muss endlich selbstverständlich sein.
  • Wirtschaftsstandort: Im EU-Vergleich steht Österreich am unrühmlichen zweiten Platz in puncto Lohndiskriminierung. Wenn wir Arbeitskräfte halten, sowie qualifizierte Zuwanderung wollen, brauchen wir einen attraktiven Wirtschaftsstandort. Dazu gehören transparente, fair gestaltete Gehälter für alle.
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