Gastkommentar

Mag. Kristina Silberbauer, Rechtsanwältin in Wien, fasst die Auswirkung der jüngsten Judikatur des Obersten Gerichtshofs zum Metallgewerbe auf andere Kollektivverträge zusammen.

Mit seiner Entscheidung 8 ObS 12/16x vom 27.09.2016 zur Berechnung von Sonderzahlungen bei der Änderung des Arbeitszeitausmaßes sorgte der Oberste Gerichtshof für Aufregung. Auch wenn dieser Kollektivvertrag für die Sonderzahlungen explizit auf das Gehalt eines bestimmten Monats abstellt, ist nach diesem Urteil phasenweise abzurechnen. Die Auswirkungen sind nicht auf den in dieser Entscheidung relevanten Kollektivvertrag (Kollektivvertrag für Angestellte im Metallgewerbe) beschränkt.

Anlass war die Klage einer Angestellten, die zunächst für rund vier Monate geringfügig mit fünf Stunden pro Woche und anschließend gut ein Monat mit 33 Stunden pro Woche arbeitete. Danach ging der Arbeitgeber in Konkurs und musste sie mit dem Insolvenzentgeltfonds um ihre restlichen Sonderzahlungen streiten. Die waren nämlich nach einer Mischberechnung ausbezahlt worden. Die Klägerin hingegen stellte auf das höhere Gehalt im Monat der Auszahlung ab. Sie verlor – trotz des ihren Standpunkt stützenden Wortlauts des Kollektivvertrags – in allen drei Instanzen:

“Der Berechnung des 13. Monatsgehalts ist das im November gebührende Monatsgehalt (Lehrlingsentschädigung, Fixum) zugrunde zu legen. Der Berechnung des 14. Monatsgehalts ist das im Monat der Auszahlung gebührende Monatsgehalt (Lehrlings-entschädigung, Fixum) zugrunde zu legen (§ 13 Abs. 2 KV)“.

Zum Obersten Gerichtshof kam der Fall, weil dieser die Frage noch nicht beantwortet hatte, ob eine Mischberechnung der Sonderzahlungen (ähnlich wie beim Wechsel vom Lehr- zum Angestelltenverhältnis) verallgemeinerungsfähig ist. Er kam zu folgendem Ergebnis:

Auch wenn ein Kollektivvertrag für die Berechnung der Sonderzahlungen auf das Entgelt eines konkreten Monats abstellt, steht das einer Aliquotierung nicht entgegen – insbesondere nicht bei schwankenden Entgelthöhen im Bezugszeitraum wegen Änderung des Beschäftigungsausmaßes. Dass der Kollektivvertrag für diesen Sonderfall keine eigene Regel trifft, stellt seines Erachtens eine planwidrige Lücke dar, die durch Analogie zu lösen ist.

Nach der Interpretation des OGH gibt der Kollektivvertrag folgende Anhaltspunkte dafür her, dass die Kollektivvertragsparteien bei schwankenden Arbeitszeiten eine Mischberechnung vorgesehen hätten: Auch wenn Lehrlinge in den Anstellungsstatus wechseln, ist entsprechend zu aliquotieren. Außerdem müssen erhaltene Sonderzahlungen im Fall des Ausscheidens vor Ablauf des Kalenderjahres anteilig rückverrechnet werden.

Für den OGH führt bei Änderungen des Beschäftigungsausmaßes nur die Aliquotierung der Sonderzahlungen zu einem gerechten Ergebnis, weil damit die Höhe der Sonderzahlungen vom tatsächlich verdienten Entgelt abhängig gemacht wird, und nicht von einer möglicherweise bloß zufälligen Bezugsgröße zum Fälligkeitszeitpunkt. Seine Auslegung soll sowohl bei Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit als auch umgekehrt gelten.

Was bedeutet das nun für andere Branchen und Kollektivverträge? Manche Kollektivverträge sind bereits auf voller Linie mit dieser Judikatur. So sieht der IT-KV bei wechselndem Arbeitszeitausmaß im Kalenderjahr vor, dass das 13. und 14. Monatsgehalt aliquot nach der im Kalenderjahr vereinbarten Normalarbeitszeit berechnet (Mischberechnung nach Durchschnitt der Normalarbeitszeit). Der KV für Handelsangestellte geht einen eigenen Weg: Auch dieser KV stellt auf das Gehalt eines bestimmten Zeitpunkts ab. Bei Teilzeitbeschäftigten mit unterschiedlichem Teilzeitausmaß soll aber ein 13-Wochen-Schnitt maßgeblich sein. Für den Wechsel zwischen Vollzeit- und Teilzeit fehlt eine explizite Regelung. Vermutlich wird auch hier die Interpretation zu einer Mischberechnung führen. Der KV Handwerk hat noch nicht nachgezogen, eine Regel für schwankende Entgelte / Arbeitszeiten fehlt. Da auch er die Rückverrechnung bei unterjährigem Austritt und die Aliquotierungsregel bei Wechsel von Lehre in Anstellung enthält, sollte die Interpretation dasselbe ergeben wie im besprochenen OGH-Fall. Ob diese Entscheidung beispielsweise auch auf den KV für Arbeiter in der Metallindustrie (der Sonderzahlungen und schwankende Arbeitszeiten nicht explizit regelt) umgelegt werden kann, ist fraglich. Dieser KV verweist für die Höhe der Sonderzahlungen auf seine eigene Definition des Verdienstes. Es berechnet sich bei bestimmten schwankenden Entgelten nach einem 13-Wochenschnitt, eine Sonderregel für Änderungen des Arbeitszeitausmaßes fehlt aber auch hier.

Der OGH-Entscheidung zu Sonderzahlungen bei Änderungen des Arbeitszeitausmaßes lässt sich lediglich eine Tendenz entnehmen, wonach ihre Höhe nicht von einer (zufälligen) fixen Bezugsgröße, sondern vom tatsächlich verdienten Entgelt im Bezugszeitraum abhängig gemacht werden soll. Vor eine unüberlegten Verallgemeinerung ist aber zu warnen – vor allem dann, wenn ein Kollektivvertrag (ohnehin) eigene Regeln trifft oder zwar eine Regelungslücke aufweist, sich aber in Bezug auf Sonderzahlungen und / oder Teilzeit vom KV Metallgewerbe unterscheidet.

Mag. Kristina Silberbauer ist auf Arbeitsrecht spezialisiert Rechtsanwältin in Wien
http://www.silberbauer.co.at/

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